Im SMZ Süd (Kaiser-Franz-Josef-Spital) stach am 10. Juli ein Patient einen Chirurgen nieder.

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Wien – Nach der Messerattacke auf einen Arzt im Wiener SMZ Süd (Kaiser-Franz-Josef-Spital) am 10. Juli fordert der Krankenanstaltenverbund (KAV) eine Entlastung der Spitäler durch den niedergelassenen Bereich. Wie Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb am Freitag nach einer Fallkonferenz weiter bekannt gab, will der KAV nun eine Risikoanalyse gemeinsam mit der Polizei einleiten.

Der angegriffene 64-jährige Arzt hat das Krankenhaus am gestrigen Donnerstag verlassen können, teilte die KAV-Chefin erfreut mit. Es sei aber klar: "Nach so einem Fall gehen wir nicht zur Tagesordnung über." Die Analyse soll einerseits die Sicherheitssituation in den KAV-Spitälern untersuchen, andererseits aber auch die Abläufe in den Ambulanzen überprüfen.

Ein Mehr an 100.000 Patienten in einem Jahr

Hier hofft Kölldorfer-Leitgeb angesichts des immer stärkeren Patientenaufkommens auf eine vermehrte Unterstützung durch den niedergelassenen Bereich. Sie verwies darauf, dass die Anzahl der Patienten in den Wiener Spitalsambulanzen zwischen 2017 und 2018 um 100.000 Personen auf knapp 5.600.000 gestiegen sei.

Brigitte Ettl, ärztliche Direktorin des Krankenhauses Hietzing, berief sich in diesem Zusammenhang auf eine frühere Untersuchung, nach der rund 60 Prozent der in die Notfallambulanz ihres Spitals kommenden Patienten eigentlich gar nicht dorthin gehörten.

Bezüglich möglicher Sicherheitsmaßnahmen müsse man erst das Ergebnis der Analyse abwarten, hieß es. Gewaltpräventionsexperte Harald Stefan betonte hier vor allem die Rolle der Deeskalation und entsprechender Trainings für die Mitarbeiter. Auch Sicherheitspersonal müsse diesbezüglich gut geschult sein und keinesfalls aggressiv wirken. "Wenn man da schwarz gekleidete Sicherheitspersonen hinsetzt, kann das eher zur Eskalation führen."

300 strafrechtlich relevante Vorfälle in Spitälern

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) hatte nach dem Angriff gefordert, Spitäler gehörten "wie Gerichte gesichert". Außerdem sollten Attacken auf medizinisches Personal im Strafrecht automatisch als schwere Körperverletzung eingestuft werden, wie dies bereits bei Polizisten, Beamten oder Gutachtern der Fall sei. Kölldorfer-Leitgeb sagte dazu, dass eine Verschärfung des Strafrechtes bei der Fallkonferenz kein Thema gewesen sei. Von den Mitarbeitern des KAV seien im Rahmen eines Meldeprozesses innerhalb eines Jahres 300 strafrechtlich relevante Vorfälle an die Generaldirektion gemeldet worden.

Kölldorfer-Leitgeb schloss zwar weitergehende Sicherheitsmaßnahmen "wie bei Gericht" nicht dezidiert aus – dies sei "machbar" –, es sei jedoch fraglich, ob es "sinnvoll" sei. In den Wiener Spitälern gebe es bereits zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen – Videokameras, Notfallschlösser, Panikknöpfe sowie Trainings und Schulungen von Personal. Diese sollen nun mit den Sicherheitsexperten der Polizei neu bewertet werden. Ettl betonte ihrerseits, dass man dennoch für die Patienten "offen bleiben" und "keine Barrieren einbauen" wolle.

Angriff war nicht zu verhindern

Bei der Konferenz wurde noch einmal die Attacke auf den Kardiologen im Wiener SMZ Süd besprochen. Man kam zu dem Schluss, dass dieser Angriff nicht hätte verhindert werden können. "Die Alarmierung hat perfekt und gut funktioniert", betonte Kölldorfer-Leitgeb. Der 33-jährige Angreifer hatte gegenüber der Polizei angegeben, "innere Stimmen" hätten ihn zur Attacke auf den Arzt aufgefordert. (APA, 19.7.2019)