Die Jugendlichen der Fridays-for-Future-Bewegung haben im kollektiven Bewusstsein der Gesellschaft offenbar einiges bewegt.

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Nach dem Dürrejahr 2018 ist in Sachen Nachhaltigkeit gesellschaftlich und politisch einiges in Bewegung geraten: Schüler machen sich im Zuge der Fridays-for-Future-Bewegung für Lösungen des Klimaproblems stark, und plötzlich geben sich auch Parteien einen grünen Anstrich, die zuvor noch mit dem Thema gefremdelt haben. In der Geldanlage haben sich viele Vermögensverwalter das Thema früh auf die Fahnen geheftet und mitunter auch etwas überstrapaziert – dennoch erfährt auch dieser Bereich derzeit frischen Rückenwind.

Zwischen 2015 und dem dritten Quartal des Vorjahres hat sich das nachhaltig verwaltete Fondsvolumen im deutschsprachigen Raum auf rund 126 Milliarden Euro fast verdreifacht, inzwischen sind in der Region insgesamt 509 Fonds nachhaltig gestrickt. "Das Thema gewinnt immer mehr an Popularität", sagt Walter Hatak, der im Hause Erste Asset Management den Bereich Responsible Investments leitet. "Man merkt, dass Umwelt ein gesamtgesellschaftliches Thema wird." Daran knüpft er die Hoffnung, dass die Geschwindigkeit der Entwicklung nun exponentiell zunimmt.

Strafen als Risiko

Aber welche Motivation haben professionelle Anleger, wenn sie in nachhaltig agierende Unternehmen investieren? Die Antwort liegt für Hatak auf der Hand: Sie wollen ein nachhaltiges Geschäftsmodell, damit es das Unternehmen in zehn Jahren auch noch gibt. Etliche Umweltskandale seit der Finanzkrise wie die von BP im Golf von Mexiko verursache Ölpest oder der VW-Dieselskandal hätten gezeigt: "Wenn große Strafzahlungen kommen, steckt schon viel Risiko drinnen."

Auch das "Vorurteil", dass Nachhaltigkeit Rendite kostet, sei längst widerlegt, betont Hatak. Er verweist auf eine Metastudie der Universität Hamburg, welche die Ergebnisse von insgesamt mehr als 2000 Untersuchungen seit 1970 zu dem Thema zusammenfasst. Demnach gibt es einen positiven Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und dem Finanzergebnis – was zunehmend auch in den Köpfen der Geldgeber ankommt. Hatak verweist darauf, dass auf Hauptversammlungen der Unternehmen Investoren zunehmend mehr Anträge hinsichtlich Umwelt einbringen würden.

Einen weiteren Treiber sieht er in der Umweltgesetzgebung, etwa durch die Einführung einer CO2-Steuer. Dies könne nicht vorbereitete Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit kosten. Zudem führt Hatak die Bestrebungen der EU an: Im Zuge des Sustainable-Finance-Action-Plan sollen neue Vorschriften hinsichtlich nachhaltiger Veranlagung kommen. Diese würden auch bisher nicht nachhaltig denkende Profiinvestoren dazu drängen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Kapitalflüsse umlenken

Auch bei der Schoellerbank verortet man darin Potenzial. Der EU-Plan soll Kapitalflüsse auf nachhaltige Veranlagungen umlenken, finanzielle Risiken aus Umwelt und Klima bewältigbar machen und Transparenz und Langfristigkeit bei Unternehmen und Anlegern fördern. Die EU stehe davor, Nachhaltigkeitskriterien detailliert festzulegen und möglicherweise eine Richtlinie dazu auszuarbeiten, sagt Fondsmanager Alexander Adrian im Juli-Analysebrief der Schoellerbank. "Damit würde dem Segment endgültig der Sprung aus der Nische gelingen."

Großen Nachholbedarf ortet jedoch der WWF in seinem Bankenrating 2019 bei Österreichs Geldhäusern. Keine der zehn größten Retailbanken sei zeitgemäß, richtungsweisend oder gar visionär aufgestellt. "Der Handlungsbedarf ist riesig, die Banken müssen deutlich mehr für Klima- und Umweltschutz tun", fordert WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides. (Alexander Hahn, 20.7.2019)