"Es war unglaublich heiß in den Schönbrunner Studios", erinnert sich Ingrid Kurz an den 20. Juli 1969. "Im Vergleich zu den heutigen Fernsehstudios handelte es sich eigentlich eher um primitive Baracken. Es gab keine Klimaanlage, und überall waren Scheinwerfer aufgedreht."

1969 war Kurz gerade erst 25 Jahre alt und wurde vom ORF gemeinsam mit ihrem ehemaligen Professor Erich Simak als Dolmetscherin für die Live-Übertragung der Mondlandung engagiert. "Die Aufregung im Studio war groß. Weltraumflüge an sich waren zwar nichts Neues, aber dass die Amerikaner einen Menschen – ja, sogar zwei – auf den Mond schicken würden, war zum damaligen Zeitpunkt dann doch wie Science-Fiction. Und dass ich bei diesem spektakulären Ereignis dabei sein würde, war natürlich besonders aufregend."

Ingrid Kurz hörte und dolmetschte im ORF-Studio.
ORF

Ihren ersten Auftritt beim ORF hatte die promovierte Dolmetscherin (Der Einfluss der Übung und Konzentration auf simultanes Sprechen und Hören) und Universitätsprofessorin 1968 bei der US-Präsidentenwahl. Bis heute ist die mittlerweile 75-Jährige regelmäßig bei Medienereignissen für den ORF tätig. Der Umstand, dass sie die Mondlandung und auch spätere Apollo-Flüge dolmetschte, trug ihr den Spitznamen "Miss Apollo" bzw. "Mondfrau" ein.

Über ihren bevorstehenden Einsatz im Juli 1969 wusste Kurz rund einen Monat vorher Bescheid. Die Vorbereitung darauf gestaltete sich jedoch schwierig. Die amerikanische Botschaft stellte lediglich hektografierte Blätter zur Verfügung, die Informationen zu technischen Details und allgemeinen Zielsetzungen enthielten. Audio- oder Videomaterial, um sich auf die Sprechweise der Astronauten einstellen zu können, gab es kaum.

Die Rollenverteilung im ORF-Studio, in dem damals noch vor laufender Kamera geraucht wurde, war klar: Die beiden Moderatoren, Peter Nidetzky und Othmar Urban, führten durch die Sendung. Herbert Pichler, auch humorvoll "Hals-Nasa-Ohren-Arzt" genannt, brachte dem Publikum wissenschaftliche Fragestellungen näher. Hugo Portisch ergänzte die Sendung mit politischen Kommentaren zum Wettlauf zwischen den Sowjets und den Amerikanern. Zwischendurch wurde immer wieder zum "Dolmetscher-Tisch" geschaltet.

50 Jahre später erinnert sich die Dolmetscherin.
Foto: Privat

Im Kontrollzentrum

Die Dolmetscher hatten die Aufgabe, die Gespräche zwischen dem Kontrollzentrum in Houston und den Astronauten, die Kommunikation der Astronauten mit der Raumfähre sowie die Unterhaltungen zwischen Neil Armstrong und Buzz Aldrin untereinander wiederzugeben. Im Gegensatz zu heutigen Live-Sendungen saßen die Dolmetscher im Studio und wurden während ihrer Tätigkeit gefilmt und nicht mittels Voiceover dazugeschaltet.

"Die Tonqualität ließ natürlich zu wünschen übrig, wobei man sich vor Augen halten muss, dass es an ein Wunder grenzte, dass wir auf 384.000 Kilometer Entfernung überhaupt eine brauchbare Verbindung bekamen", erzählt Kurz. "Oft kam es aber dazu, dass wir just in dem Moment, in dem um Neuigkeiten gebeten wurde, nur ein Rauschen vernehmen konnten. Wir wussten uns dann insofern zu helfen, als wir die vorangegangenen Gespräche mitnotiert hatten und zumindest berichten konnten, was kurz davor gesagt worden war. Wir hatten außerdem die Anweisung, die Kollegen im Studio sofort zu informieren, sollte akut etwas passieren".

Sie nannten ihn "Hals-Nasa-Ohren-Arzt": Herbert Pichler führte 1969 durch die 28-stündige ORF-Übertragung der Mondlandung.
Foto: ORF

Neben der Technik stellte auch die Astronautensprache eine Herausforderung für die Dolmetscher und Zuseher dar. Ein Umstand, der den ORF bei späteren Apollo-Missionen dazu bewog, einen Bundesheeroffizier ins Studio einzuladen, damit dieser die Fliegersprache für die Öffentlichkeit übersetzen konnte.

Peter Nidetzky saß im Studio und kommentierte.
Foto: ORF

Alle Beteiligten hatten sich zwar auf eine lange Nacht eingestellt, dass es dann letztendlich mehr als 28 Stunden dauern würde, war laut Kurz dann aber doch nicht vorauszusehen. Vor allem die Zeit zwischen der Landung kurz nach 21 Uhr und dem Ausstieg um kurz vor vier Uhr früh musste überbrückt werden. Dazu hatte Peter Nidetzky einiges an Material aus den USA mitgebracht, das in der langen Wartezeit eingespielt wurde.

Besonders in Erinnerung geblieben ist Ingrid Kurz von ihrem vielleicht aufregendsten Dolmetscheinsatz eine dieser Sendepausen: "Ich ging nach draußen und blickte hinauf in den Himmel. Als ich den Mond sah, erschien mir das Ganze dann doch sehr unwirklich; fast surreal, dass dort bald zwei Menschen herumspazieren würden." (Judith Moser, 20.7.2019)