Es ist 7.30 Uhr. Blinkende grüne Pfeile weisen Richtung Einfahrt zur Park-and-ride-Anlage Spittelau mit 698 Stellplätzen. Es gibt also noch freie Plätze. Eine gute Viertelstunde später zeigt die Anzeige mit roten Lettern: "Besetzt. Zufahrt nur für berechtigte Dauerparker". Diese Aufschrift hat im Juli schon manchen Pendlern Nerven gekostet. Die Park-and-ride-Anlage Spittelau an der Grenze zu Döbling galt zwar schon lange als sehr stark frequentiert, seit 1. Juli ist der Andrang aber gestiegen, denn weite Teile des 19. Bezirks sind nun Kurzparkzone.

Pendler aus anderen Bundesländern, Bewohner anderer Bezirke sowie Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen müssen nun Alternativen zu Abstellplätzen am Döblinger Straßenrand finden, der bis Juli dicht an dicht verstellt war. Zwischen neun und 19 Uhr ist dort nun maximal drei Stunden Parken am Stück erlaubt, eine Stunde kostet je 2,10 Euro.

Warteliste für Park-and-ride

Für eine Wochenkarte in der Spittelauer Parkanlage zahlt man bei Vorweisen eines Wiener-Linien-Wochenkarte 14,90 Euro, für den Monat mit Öffi-Monatskarte 56 Euro. Allerdings sind die Dauerkarten vergeben, es gibt eine Warteliste, wie Betreiber Best-in-Parking bestätigt. Man würde den Standort gerne ausbauen – dabei wurde er erst Ende 2015 vergrößert. "Die Park-and-ride-Anlagen in Spittelau und Heiligenstadt sind unterdimensioniert", ärgert sich ein STANDARD-Leser. In Klosterneuburg seien sie ebenso "übervoll", während die Straßen im 19. Bezirk "durch die Bank leer" seien, teilen andere mit. Im benachbarten Währing sank die Auslastung des Parkraums mit Einführung der Kurzparkzone von vormittags 90 auf 71 Prozent.

Park-and-ride-Anlagen in Wien sind gut ausgelastet, manche überlastet, wie etwa in Spittelau, nahe dem 19. Bezirk. In Döbling gilt seit 1. Juli das Parkpickerl, viele Autofahrer müssen sich umstellen.
Foto: Andy Urban

Vom Parkpickerl betroffene Autofahrer reagieren unterschiedlich auf die Neuerungen: Einer sagt, er steuere nun vermehrt Parkgaragen stadteinwärts an, trotz hoher Kosten (zum Beispiel gut 80 Euro pro Woche). Eine Klosterneuburgerin erzählt, dass sie ihre Dauerparkkarte in Spittelau aufgrund mehrmaliger Überfüllung aufgegeben habe und nun in ihrer Heimatstadt beim Bahnhof parke. Ein anderer Klosterneuburger behauptet, er finde dort nur schwer einen Stellplatz.

Herumkurven am Parkplatz

Ein Lokalaugenschein im Nordwesten Wiens und darüber hinaus zeigt: Die sechsgeschoßige Parkanlage Spittelau im neunten Bezirk ist von der Früh weg zugeparkt, um 9.30 Uhr wochentags muss man auch auf dem Schotterparkplatz des Park-and-ride Muthgasse (19. Bezirk, 350 Plätze) herumkurven, um eine Lücke zu finden.

Die Kennzeichen verraten: Viele Niederösterreicher stellen hier ihr Auto ab, um dann zur nahen U4- und S-Bahn-Station Heiligenstadt zu gelangen. Aber auch ausländische Kennzeichen und Nummerntafeln anderer Bundesländer finden sich hier.

Eine Frau und ein Mann, die ums Eck arbeiten, haben gerade noch einen freien Parkplatz ergattert. Sie sind Wiener, wohnen in den Bezirken Hietzing und in Favoriten. Mit Öffis würde ihnen der Weg zu lange dauern. "Es ist jetzt immer ganz voll hier", stellt der Angestellte sich umschauend fest. Er hat erlebt, wie das Parkpickerl in seinem Wohnbezirk eingeführt wurde – und nun also auch in Döbling. "Irgendwann muss man in St. Pölten parken", scherzt er.

Rund um Ballungsraum

In Niederösterreich stehen mehr – kostenlos benutzbare – Park-and-ride-Plätze als in allen anderen acht Bundesländern zusammen zur Verfügung. "Das ist auch logisch aufgrund der geografischen Lage rund um den Ballungsraum Wien", sagt Angelika Winkler vom Referat für Mobilitätsstrategien der Wiener Stadtplanung.

39.000 Pkw- sowie 23.000 Zweiradstellplätze gibt es in Niederösterreich nach Angaben des Landes. Im Jahr 2025 sollen es 50.000 Pkw- und 30.000 Bikeparkplätze sein. Derzeit wird zum Beispiel das Park-and-ride Tullnerfeld ausgebaut: Zu den bestehenden gut 1000 Plätzen kommen mehr als 700 neue dazu, insgesamt sind es dann so viele wie in der größten Park-and-ride-Anlage Wiens in Kagran. Viele neue Stellplätze sind in Wien derzeit nur in Stadtentwicklungsgebieten geplant.

Klosterneuburgs Parkflächen wachsen

In Klosterneuburg, wo man das Döblinger Parkpickerl besonders stark spürt, gibt es seit dieser Woche 60 neue Plätze am Bahnhof Weidling: Zuvor erweiterte die Stadt bei der Station Kierling eine Schotterfläche. Bei einem STANDARD-Lokalaugenschein wochentags gegen 8.30 Uhr waren im hinteren Bereich Parkplätze frei. Zusätzlich wurde der Takt der S40 verdichtet. Auch hier zählt das Land in Plätzen: Es gebe rund 6800 zusätzliche Sitzplätze täglich zwischen Wien und Kritzendorf.

Nicht nur direkt im Wiener Umland finden sich Pendlerparkanlagen. Autofahrer sollen nämlich möglichst früh, also auch im ländlicheren Bereich, auf Öffis umsteigen, heißt es aus dem Büro von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP). Eine Sicht, die man in Wien teilt. Park-and-ride sei "an den äußersten U-Bahn- und S-Bahnstationen sinnvoll beziehungsweise außerhalb der Stadtgrenze", sagt ein Sprecher der neuen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne). "Da ist also Niederösterreich am Zug."

Wenig fruchtbare Gespräche

Im weiten Land betont man wiederum, dass von 2012 bis 2016 Wien bei der Errichtung von Park-and-ride-Anlagen in Niederösterreich mitzahlte. Das hätte man gern wieder. "Wir würden uns erwarten, dass man sich finanziell an den Lösungen für niederösterreichische Pendler beteiligt", heißt es aus Schleritzkos Büro. Beide Seiten geben sich in der Sache gesprächsbereit, in den letzten Jahren waren Verhandlungen zu diesem Thema aber wenig fruchtbar.

Im Herbst, wenn wieder alle Urlauber zu Hause und ihre Autos zurück auf den Straßen sind, wird sich dann zeigen, wie eng es wirklich wo mit Parkplätzen ist. In Klosterneuburg kann man sich noch weitere Park-and-ride-Erweiterungen vorstellen, sagt der Verkehrsstadtrat Johannes Kehrer (Plattform Unser Klosterneuburg, PUK). Man werde sich nun aber sehr genau die Parksituation in seiner Stadt ansehen. "Die Frage ist: Wie bewirtschaftet man Parkraum in Klosterneuburg mittelfristig?" Kurzparkzonen könnten auch dort folgen. (Gudrun Springer, 19.7.2019)