Die USA schicken wieder Truppen nach Saudi-Arabien – auf diesem Foto treffen sich US-Präsident Donald Trump und Saudi-Kronprinz Mohammed bin Salman.

Foto: APA/AFP/Saudi Royal Palace/BANDA

Die USA und Saudi-Arabien haben fast zeitgleich die Stationierung von US-Truppen – Personal und Gerät – in Saudi-Arabien bekanntgegeben: Sie sollen als "zusätzliche Abschreckung" im Licht einer wachsenden Bedrohung fungieren, natürlich vonseiten des Iran. Offizielle Zahlen gibt es nicht, es werden meist ein paar hundert genannt.

Die Truppenverlegung ist vom militärischen Standpunkt demnach überhaupt nicht zu vergleichen mit dem, was sich 1990 abspielte, nachdem der Irak unter Saddam Hussein in Kuwait einmarschiert war und in der Region der Truppenaufbau der US-geführten Koalition für den Golfkrieg 1991 einsetzte. Aber von großer symbolischer Bedeutung ist die ganz offizielle Rückkehr der Amerikaner auf die Arabische Halbinsel, wo Anfang des 7. Jahrhunderts der Islam entstand, dennoch.

Der greise König Salman bin Abdulaziz tritt damit in die Fußstapfen seines Bruders Fahd, seines Vorvorgängers. Saddams Truppen hatten Anfang August 1990 das kleine Emirat Kuwait überrollt. Auch die restlichen arabischen Golfstaaten fühlten sich direkt von einer Invasion bedroht – wobei die Macht des irakischen Militärs dramatisch überschätzt wurde, wie ab Mitte 1991 der Verlauf des Golfkriegs zeigte.

Öl in Gefahr

Für die USA und deren Alliierte, an denen es 1990/1991 nicht fehlte, stand nicht weniger als die Energiesicherheit auf dem Spiel. Die Rolle des Nahen Ostens bei der globalen Erdölversorgung war damals viel wichtiger als heute. Und dass der Golfkrieg von 1991 mit dem Ende der Sowjetunion zusammenfiel, führte zum historisch einzigartigen Umstand, dass Moskau alle Schritte der USA im Uno-Sicherheitsrat mittrug.

Angesichts der irakischen Bedrohung bot ein damals 33-jähriger saudi-arabischer Staatsbürger dem König seine Hilfe an: Osama bin Laden, aus Afghanistan, wo 1989 die Sowjettruppen abgezogen waren, heimgekehrt. Er traute sich zu, mit seinen Afghanistan-Veteranen das Land der Heiligen Stätten des Islam zu verteidigen. König Fahd winkte ab und nahm stattdessen das amerikanische Angebot an.

Osama bin Laden und der König

In der Folge wurde Saudi-Arabien zum Aufmarschgebiet für den Krieg gegen Saddam Hussein, bis zu einer halben Million Koalitionssoldaten (d.h. nicht nur aus den USA) waren in der saudischen Wüste stationiert. Für die US-feindliche Propaganda wurden sie zu "Besatzern", denen es nur ums Erdöl ging. Osama bin Laden wandte sich vom saudischen Königshaus ab, das das islamistische Urteil, eine US-Marionette zu sein, bestätigt hatte und von der Zeit an von Bin Laden bekämpft wurde

Eine kleine, diskrete militärische Trainingsmission hatten die USA bei ihrem wichtigsten Partner im Kalten Krieg im Nahen Osten bereits seit den 1950er Jahren gehabt, aber US-Wünschen nach mehr hatte die saudische Führung stets widerstanden. In den 1990er Jahren wurde der "Kollateralschaden" der Stationierung, der Brennstoff für den islamischen Extremismus lieferte, schnell offenbar. In den 1990er Jahren wuchs der Terrorismus in Saudi-Arabien dramatisch an. Al-Kaida formierte sich als effizienteste Terrorismusorganisation der Welt. Der Kulminationspunkt waren 2001 die Anschläge von 9/11 in den USA, bei denen die Mehrzahl der Attentäter saudi-arabische Bürger war.

Rückkehr zur Diskretion

Dem Sturz Saddam Husseins durch die US-Invasion im Irak 2003 – diesmal ohne Uno-Mandat und mit viel weniger Alliierten – folgte der Abzug der Amerikaner aus Saudi-Arabien. König war noch immer Fahd, allerdings seit 1995 nach einem Schlaganfall regierungsunfähig, sein Kronprinz Abdullah führte die Geschäfte. Ende August 2003 wurde die Prince Sultan Air Base den Saudis wieder übergeben – bis zu 60.000 US-Soldaten waren dort stationiert gewesen. Die neue große militärische Heimat der USA in der Region wurde die Al Udeid Air Base in Katar. Im wahhabitischen Königreich beschränkten sich die USA wieder auf eine kleine, diskrete Trainingsmission für die saudische Nationalgarde.

Am Krieg gegen Saddam Hussein 2003 hatten die Saudis, anders als 1991, nicht selbst teilgenommen, aber still und leise mit den USA kooperiert, was auch größere, aber temporäre Truppenstationierungen zur Folge hatte. In den US-Medien wurde das berichtet – nicht so in den saudischen. Denn es wäre eine Illusion zu glauben, dass nur besonders fanatische Extremisten der US-Präsenz und ihren Zielen negativ gegenüber stehen: wenngleich der jetzige Feind, der schiitische Iran, ein echtes Schreckgespenst für die meisten ist, nicht nur für Islamisten.

Ein Feind vs. Der Feind

Aber dass die Realität zumindest früher sehr komplex war, schilderte der ehemalige US-Geheimdienstoffizier Rick Francona in seinem Buch Ally to Adversary ("Vom Verbündeten zum Feind"): Als Mitarbeiter von General Norman Schwarzkopf erlebte er 1991 die ersten irakischen Raketenangriffe auf Israel in der amerikanisch-saudischen Kommunikationszentrale vor dem Fernseher. Als die Scuds in Tel Aviv einschlugen, sprangen "so gut wie alle" Saudis (Militärs, die an der Seite der USA gegen den Irak kämpften!) jubelnd auf und riefen "Allahu akbar". Dem völlig konsternierten Francona wurde erklärt, Irak sei "ein Feind", aber Israel eben "der Feind". Aber das ist immerhin 28 Jahre her.

In den vergangenen Jahren hat ja Saudi-Arabien mit dem Kronprinzen Mohammed bin Salman von alten Mustern seiner Außenpolitik Abstand genommen, was auch eine Annäherung an Israel mit einschloss. Der gemeinsame Nenner ist der Iran. Aber da der neue Kurs auch eine Absage an den enggeführten salafistischen puristischen Islam bedeutet, gibt es in erzkonservativen Kreisen ein starkes, wenn momentan auch nicht laut artikuliertes – der Kronprinz duldet keine Opposition – Unbehagen. Und für diese Kräfte ist es Wasser auf den Mühlen, wenn nun die Amerikaner auf dem heiligen Boden des Islam militärisch wieder mehr in Erscheinung treten. (Gudrun Harrer, 20.7.2019)