Ohne registrierte SIM-Karte liegen Smartphones bald flach.

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Viel Zeit bleibt nicht mehr. Am 1. September müssen alle österreichischen SIM-Karten registriert sein. Unregistrierte Wertkartenhandys können danach nicht mehr aufgeladen werden. Zwar erinnern Mobilfunker und die Telekombehörde RTR Kunden seit Monaten daran – sie werden aber ignoriert oder nicht wahrgenommen. Hunderttausende SIM-Karten sind noch immer nicht registriert. So haben sich von den 850.000 Kunden des Diskonters Hot rund 100.000 noch nicht angemeldet.

Bei "3" nimmt man das Thema sehr ernst. "Wir wollen noch zahlreiche bestehende Wertkartenkunden bis Ende August dazu bewegen, sich zu registrieren", sagt Unternehmenssprecher Tom Tesch. Wie viele SIM-Karten tatsächlich registriert werden müssen, ist unklar. Über den Gesamtmarkt liegen keine Zahlen vor, heißt es seitens der RTR zum STANDARD. Laut Telekomexperten könnten sogar weit über eine Million SIM-Karten bisher nicht registriert sein.

Maßnahme gegen Terror und Kriminalität

Die Registrierungspflicht für Wertkartenhandys wurde mit dem sogenannten Sicherheitspaket der türkis-blauen Regierung eingeführt – als Maßnahme gegen Terror und Kriminalität. Die Strafverfolgung soll dadurch leichter werden, denn abhören kann man Wertkartenhandys schon jetzt, wie beispielsweise Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (ÖVP/FPÖ) erfahren musste. Als er den Verdacht hegte, dass er von den Ermittlungsbehörden in der Causa Buwog abgehört wird, legte er sich mehrere Wertkartenhandys zu – ein Polizist aus seinem Personenschutz als Minister habe ihm nämlich gesagt, dass diese abhörsicher seien, was sich als falsch herausstellte.

Mit der neuen Regelung schließt sich Österreich vielen anderen europäischen Ländern an: So gibt es etwa schon jetzt in den meisten Ländern der EU eine Ausweispflicht beim Kauf von Wertkarten, darunter etwa auch in Deutschland, Italien oder Frankreich. Allerdings verzichten Staaten wie Großbritannien oder Slowenien auf diese Maßnahme, da sie wenig bringe.

Kritik von Datenschützern

Datenschützer kritisieren die Maßnahme als nicht verhältnismäßig, da Nutzer unter Generalverdacht gestellt werden. Auch ist das Verbot leicht zu umgehen. Wer unerkannt kommunizieren will, kauft dann entweder ein ausländisches anonymes Wertkartenhandy oder wählt andere Kommunikationstechnologien.

Am 1. September müssen alle österreichischen SIM-Karten registriert sein.
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Auch betonen sie, dass eine Studie der Interessenvertretung der Telekomindustrie keine Belege dafür fand, dass die Registrierung von SIM-Karten zu einer besseren Verbrechensaufklärung führt oder gegen Terrorismus hilft. Mexiko hat das Verbot anonymer SIM-Karten sogar wieder abgeschafft, da die Verbrechensrate sogar stieg und die Maßnahme nur zum Aufblühen des Schwarzmarkts für SIM-Karten führte.

Zweite Rufnummer für Willhaben oder Parship

Hot-Chef Michael Krammer zufolge seien die Nutzer von Wertkartentarifen einerseits Saisonarbeiter und Touristen, andererseits Leute, die eine zweite Rufnummer für Willhaben, Parship und Co haben wollen. Ein von der Politik nicht bedachtes Problem seien in Alarmanlagen oder Heizungen verbaute SIM-Karten. Hier habe der Mobilfunkprovider gar keine Möglichkeit, die Nutzer über die Registrierungspflicht zu informieren.

Krammer geht auch davon aus, dass es neben Nutzern, die so lange wie möglich anonym bleiben wollen, auch viele Menschen gibt, die von der Registierungspflicht noch nichts mitbekommen haben.

Neu gekaufte Wertkarten

Für neu gekaufte Wertkarten gilt die Registrierungspflicht bereits seit 1. Jänner, die Daten werden beim Erwerb erhoben. Nutzer vor 2019 gekaufter anonymer SIM-Karten haben noch bis Ende August Zeit, die Registrierung nachzuholen. "Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, weil das Mobiltelefon plötzlich nicht mehr funktioniert, empfehlen wir, die Sommermonate für die Registrierung zu nutzen", meinte Telekom-Regulator Klaus M. Steinmaurer in einer Aussendung. Auf der RTR-Website gibt es Links zu den Informationen von rund 20 Betreibern.

Über das Netz, in der Post oder im Hofer-Filialen

Die Betreiber müssen den Namen, den akademischen Grad und das Geburtsdatum erfassen; ihnen drohen Strafen bis zu 37.000 Euro, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen. Für die Erfassung der Daten dürfen sie ein Entgelt verlangen. Erfolgen kann die Registrierung im Shop des Betreibers, bei Vertriebspartnern, durch eine Bestätigung des Kredit- oder Finanzinstituts oder über das Internet mittels Webcam ("Photoident"). Minderjährige können sich eigenständig registrieren. Hot-Kunden können sich etwa in Filialen des Lebensmitteldiskonters Hofer anmelden, Yesss-Nutzer in Postfilialen.

Testeinkäufe des STANDARD in den vergangenen Monaten zeigten, dass Handyshops gegen Aufpreis auch vorregistrierte SIM-Karten verkaufen. Außerdem funktionieren die SIM-Karten bei manchen Anbietern auch unregistriert. (Markus Sulzbacher, 22.7.2019)