Der X7 ist ein ideales Auto für die Baby-Boomer-Generation. Wir zum Beispiel waren Papa, Mama, vier Kinder. Was hätten wir Maulaffen feilgeboten angesichts des X7. Die automobile Wirklichkeit damals waren Ford Escort, Taunus, Audi 80. Klimaanlage? Sommers die besten Plätze waren die an den runtergekurbelten Fenstern, entsprechend begehrt, umfehdet waren sie.

Bei BMW reicht die SUV-Palette nun vom 4,44 Meter langen X1 bis zum 5,15-Meter-Luxuslulatsch X7.
Foto: Andreas Stockinger

Platz? Klar, ist in der kleinsten Hütte. Wir klebten förmlich aneinander, das erste Kracherl nachher beim Wirten am Reiseziel ergänzte notdürftig den vorangegangenen Flüssigkeitsverlust. Im X7 hingegen könnte man wählen zwischen der sieben- und der noch nobleren (weil zwei Einzelsitze in der mittleren Reihe) sechssitzigen Variante. Selbst die Plätze in der dritten Reihe bieten erheblich mehr Platz und Komfort als einst je auf der Rückbank erreichbar.

Grafik: der Standard

Bildschirme zum Zeitvertreib in der zweiten Reihe? Häh? Fernsehen im Auto? Das ist doch Science-Fiction! Andererseits, Unterhaltung direkt von Mensch zu Mensch, nicht über zwischengeschaltete Smartphone-Ebene, das war damals noch allgemein Usus.

Wankstabilisiert

Fahrwerk? In jeder Senke sank es ein, jeder Mugel wurde zum Schanzensprung, da hob es dir die Blase wie beim Kopfüberlooping im Doppeldecker. Und in Kurven? Wie das wankte. Ständig auch war der Herr Papa am Nachjustieren beim Lenken. Mit solchen Autos mit 100 Sachen herumzirkeln wie im luftgefederten, wankstabilisierten X7 und dabei den Eindruck haben, man sei gemächlich, in Schleichfahrt fast, unterwegs? Völlig undenkbar.

Verbrauch? Gönnte sich der 4,38 Meter lange Taunus mit 1,6-Liter-Maschine nie unter 15, gerne aber 20 und mehr Liter auf 100 km, genehmigte sich der 5,15 Meter lange, 2,4 Tonnen schwere Lulatsch X7 xDrive 30d im Test keine zehne – trotz Klima auf Hochbetrieb bei 30, 35 Grad draußen.

Und statt geruchslos und emissionsarm stank das verbleite Benzin zum Himmel. Wer das nicht erlebt hat, aber einmal bei einer Oldtimerveranstaltung war, kriegt vom einstigen olfaktorischen Verkehrsalltag einen vagen Schimmer. Glaubt man heutigen "Das Auto muss weg"-Apologeten, hätte die damalige Menschheit unbedingt aussterben müssen. Seltsam, sie hat überlebt.

Bis zu sieben Personen finden Platz im X7.
Foto: Andreas Stockinger

Zurück zum X7. SUV gab es nur phonetisch verwandt als Suff oder B'suff. Ein Auto deutlich über fünf Meter, wie gesagt. Gab es so was damals in unseren Breiten überhaupt? Selbst der Urvater des Vans, des Großraumfahrzeugs, der VW Bus, war beispielsweise in der Ausführung T3 mit rund 4,6 m kürzer und viel schmäler – und um Welten unsicherer.

Blue Jeans und Blaumann

Ähnlich wie Audi Q7, Mercedes GLS und Range Rover ist der X7 vor allem für die Kundschaft in den USA (wo er auch produziert wird) und China gedacht, in Europa landen vergleichsweise marginale Stückzahlen. Damals? Amerika war immer noch Straßenkreuzerland, in China fuhr man (bestenfalls) Fahrrad, Waffenrad, trug man statt Blue Jeans Blaumann vulgo Mao-Uniform.

Ein Blick auf die Mittelkonsole im BMW X7.
Foto: Andreas Stockinger

Endgültig im Heute angelangt stellt man fest: Der X7 ist ein Fall für das Burgenland. Eine Burg von Auto, wie die vorher erwähnten Gegner. Zumindest bei uns entsteht dieser Eindruck. Angesichts der Massen an noch größerer Gerätschaft (F150 und Konsorten) im Straßenbild wirken sie hingegen in den USA mitunter fast zierlich, jede und jeder, der drüben unterwegs ist, kennt das Phänomen.

Draußen springt diese riesige, protzige Niere ins Auge, eine Hauptinsignie jenes repräsentativen Auftritts, den die Kundschaft von einem solchen SUV-Flaggschiff erwartet, vergleichbar der Toplimousine 7er, die tatsächlich den identischen Nierengrill trägt.

Mehr als 2.100 Liter passen in den Kofferraum des X7.
Foto: Andreas Stockinger

Innen drinnen der Schaltknauf mit eingelasertem X und auch die Dreh-drück-Bedienscheibenoberfläche kommen im Swarovski-Kristall-Look daher, stammen sogar direkt von dort. Das zielt auf China. Die dort sind so verrückt auf Tand und Strass und Glitter, dass sie die Tiroler Ware massenhaft raubkopieren.

Die restliche Einrichtung kann man nur als dem Preis (= Lawine) angemessen (= Luxus) bezeichnen. Edle Hölzer, Leder, Alu, Textil, Kunststoffe, alles auch noch ausgesprochen gefällig und treffsicher dargeboten.

Die Fahrwerksqualität war kurz schon angerissen, ergänzt sei noch, dass der X7 sich zwar fährt wie ein Schiff, dabei aber komfortabel in höchster Vollendung und dank eben der Stabilisierung auch wank- und schaukelfrei. Obendrein, dies dankt sich auch dem fantastischen, kaum als solchem hörbaren Diesel und der Hinterachslenkung, bewegt sich er sich sehr viel leichtfüßiger, dynamischer, als man je vermuten würde.

Und das ganze Vernetzungsbrimborium? Drauf gepfiffen. Dass indes die neue "Hallo BMW!"-Sprachsteuerung installiert ist: passt. Wie das ganze Auto – für seine Zielgruppe. Uns fehlt jetzt nur noch der Babyboom. Und 143.000 Flocken. (Andreas Stockinger, 30.7.2019)