Nach mehr als einer Woche täglicher Proteste gegen ihn will der Gouverneur von Puerto Rico bei der nächsten Wahl im kommenden Jahr nicht antreten. Er trete außerdem als Chef der Neuen Progressiven Partei (PNP) zurück, erklärte der Regierungschef des US-Außengebiets, Ricardo Rosselló, am Sonntag in einer Fernsehansprache. Mehrere Minister Rossellós traten bereits zurück und reagierten damit auf die Massenproteste.

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Hunderttausende Menschen gingen auf die Straßen. Am Montag werden bis zu eine Million Menschen – ein Drittel der Bevölkerung – bei den Demos erwartet.
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Seit Ende vorvergangener Woche gehen jeden Tag zahlreiche Menschen in Puerto Ricos Hauptstadt San Juan auf die Straße und fordern Rossellós Rücktritt. Zahlreiche Prominente Puerto Ricaner wie der Schauspieler Benicio del Toro oder die Musiker Ricky Martin, Bad Bunny und Residente unterstützten die Protestierenden. "Ich lebe in Amerika, aber ich musste nach Puerto Rico kommen, um der Welt zu zeigen, dass wir etwas ändern werden. Wenn alle Puerto Ricaner sich zusammentun, können wir vieles erreichen", sagte der offen homosexuell lebende Martin. Für Montag ist ein Generalstreik mit bis zu einer Million demonstrierenden Menschen geplant.

Korruptionsskandal und Chatverläufe

Auslöser waren ein Korruptionsskandal in der Regierung sowie die Veröffentlichung eines brisanten Reports. Auf 889 Seiten zeigte das Zentrum für Investigativen Journalismus Chats zwischen Rosselló und elf männlichen Regierungsmitarbeitern sowie engen Vertrauten auf, die innerhalb einer privaten Gruppe des Messenger-Dienstes Telegram im Zeitraum zwischen Ende 2018 und Anfang dieses Jahres versendet wurden.

Auch Prominente unterstützten die Proteste. Schauspieler Benicio del Toro (mit Mikrofon) und Rapper Rene Perez aka Residente.
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Die Männer sollen sich darin abschätzig über Politikerinnen und Politiker, Journalistinnen und Journalisten sowie Aktivistinnen und Aktivisten – und nach Meinung vieler Demonstranten auch frauen- und homosexuellenfeindlich geäußert haben. Auch Staatsangelegenheiten sollen besprochen worden sein.

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Die Proteste eskalierten in den Nächten teilweise.
Foto: AP/Carlos Giusti

Der Regierungschef soll sich zudem abschätzig über die tausenden Menschen geäußert haben, die 2017 beim verheerenden Hurrikan Maria ums Leben gekommen sind. Das mutmaßlich schlechte Krisenmanagement wird ihm seit Monaten angekreidet. Die Zahl der Opfer sollte etwa mittels einer Armada – bestehend aus Fake-News verbreitenden Mitarbeitern – ,die Pro-Regierungs-Propaganda verbreitet, künstlich klein gehalten werden.

Proteste auch in New York

Die Proteste sind durchaus kreativ. Mitunter werden auch die sexistischen und homophoben Chatverläufe des Gouverneurs laut vorgelesen. Menschen kommen mit allen möglichen Verkehrsmitteln in die Hauptstadt, auch per Boot.

Auch in anderen Städten des Karibikarchipels, das seit Jahren in einer schweren Finanzkrise steckt, sowie in den USA und in Europa gab es Demonstrationen gegen den Gouverneur. Immer wieder kam es zu Zusammenstößen von Polizei und Demonstranten. Einige Demonstranten sprachen vom Einsatz von Tränengas seitens der Polizei, offenbar handelte es sich aber nur um Rauchschwaden der Exekutive. Laut Polizeichef Henry Escalera wurden die Beamten zuvor mit Brandsätzen und Steinen angegriffen.

Rosselló, der seit 2016 regiert, ist der Sohn eines früheren Gouverneurs Puerto Ricos. Mittlerweile wird sogar ein Amtsenthebungsverfahren angedacht. (faso, APA, 22.7.2019)