Sophie Weidenhiller ist Teil der Sea-Eye-Crew.

Foto: Pavel D. Vitko

In Paris berieten am Montag die EU-Innen- und Außenminister über die Flüchtlingskrise im Mittelmeer. Auf Initiative Deutschlands sollte eine Übergangsregelung gefunden werden, um gerettete Menschen zu verteilen. Eine Einigung wurde nicht erzielt, Deutschland sprach aber von Fortschritten.

Etwa 1000 Kilometer südlich, in Palma de Mallorca, verfolgt Sophie Weidenhiller die Gespräche und hofft auf eine baldige Lösung. Noch mehr konzentriert sie sich aber auf das, was ihr bevorsteht: eine neue Rettungsmission. Die 29-jährige Niederösterreicherin, die seit zehn Jahren in Wien lebt, ist Teil der Crew der Alan Kurdi, einem Rettungsschiff der deutschen NGO Sea-Eye.

Seit rund zwei Wochen sind keine NGO-Schiffe im Mittelmeer unterwegs. Die letzten waren die Alex der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans und eben die Alan Kurdi. Das unter deutscher Flagge fahrende Schiff wird in Kürze wieder aufbrechen, sagt Weidenhiller dem STANDARD. Für sie ist es die zweite Mission. Weidenhiller, die derzeit die Ausbildung zur Psychotherapeutin macht, bereitet sich mit dem Rest der 20-köpfigen Crew in Palma de Mallorca auf den rund vierwöchigen Einsatz vor.

Zuerst Westbahnhof, dann Mittelmeer

Für Flüchtlinge engagiert sie sich seit dem Jahr 2015: "Ich war am Wiener Westbahnhof, als die Flüchtlinge mit Applaus empfangen wurden." 2017 wollte sie auch im Mittelmeer mithelfen. "Ich bin privat gerne auf hoher See und verbinde mit dem Mittelmeer schöne Erinnerungen. Und die Situation dort ist so schrecklich, dass ich mir dachte: Ich muss etwas machen."

Im Dezember 2018 war es dann so weit, über Weihnachten half sie bei Sea-Eye mit. Ihre Aufgabe an Bord: RHIB Communicator. RHIB ist die englische Abkürzung für Schlauchboot, und damit wurden die Flüchtlingsboote angesteuert.

Weidenhiller hatte die Aufgabe, den Erstkontakt herzustellen. "Ich musste die Menschen beruhigen, damit sie nicht panisch werden. Nicht dass sie glauben, wir sind die libysche Küstenwache und bringen sie zurück. Davor haben viele Angst", sagt Weidenhiller. Wie sich das anfühlt, die erste Ansprechperson zu sein? "Wenn man einem Menschen die Hand reicht und ihm in die Augen blickt, dann ist plötzlich alles überdeutlich: Es geht hier um Menschenleben."

Für das Schlauchboot verantwortlich

Schon bei der damaligen Mission musste die Alan Kurdi mit Geretteten an Bord elf Tage vor Malta warten, bis die Flüchtlinge an Land durften – wie auch vor einigen Wochen. Weidenhiller würde es nicht überraschen, sollte es auch bei der neuen Mission wieder eine Hängepartie geben. "Das hält mich aber nicht davon ab mitzumachen." Auf der neuen Mission wird sie als RHIB Leader fungieren, also die Verantwortung für das Schlauchboot haben, und dabei immer in Kontakt mit der Brücke der Alan Kurdi stehen.

Vor Carola Rackete, der deutschen Kapitänin, die mit der Sea-Watch 3 unerlaubt in den Hafen von Lampedusa einfuhr, hat Weidenhiller wie vor allen Kapitänen höchsten Respekt. Sie selbst sei "froh, dass ich solche Entscheidungen nicht treffen muss".

Zweites Schiff folgt Ende Juli

Ende Juli wird dann ein zweites privates Rettungsschiff in See stechen. Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée kündigten an, mit der unter norwegischer Flagge fahrenden Ocean Viking auf Mittelmeermission zu gehen, um Menschen vor der libyschen Küste zu suchen und zu retten.

Ende 2018 hatten die beiden NGOs ihren Einsatz mit dem Schiff Aquarius beendet. Als Grund dafür wurden damals gezielte politische Angriffe genannt. (Kim Son Hoang, 22.7.2019)