Zwischen 1949 und 1958 zündeten die USA über dem Bikini-Atoll und der Insel Eniwetok annähend 70 Kernwaffen – eine davon übertraf alle bis dahin getesteten US-Kerwaffen bei weitem: "Castle Bravo" war rund 1000-mal stärker als jene Atombomben, die 1945 über Hiroschima und Nagasaki abgeworfen worden waren. Letztlich zählte diese gewaltige Explosion zu den größten Nuklearwaffentests, die die Vereinigten Staaten überhaupt jemals durchgeführt haben.

Die Folgen dieser Versuche sind bis heute wissenschaftlich nachweisbar, wie Forscher um wie Emlyn Hughes von der Columbia University in New York feststellen konnten: Die Bombe "Castle Bravo" macht eine eigens für dieses Experiment aufgeschüttete Insel nicht nur dem Erdboden gleich, sie riss in dem Atoll zudem einen Krater von 75 Metern Tiefe und 1,5 Kilometer Durchmesser.

Castle Bravo zählte zu den mächtigsten Atomtests der Vereinigten Staaten. Sie hatte eine Sprengkraft von etwa 15 Megatonnen TNT-Äquivalent. Die nukleare Explosion pulverisierte eine künstliche Insel und kontaminierte bis heute zahlreiche Inseln.
Foto: United States Department of Energy

Folgenreicher Fallout

Der radioaktive Fallout dieses Kernwaffentests hinterließ darüber hinaus bis heute dramatische radioaktive Spuren, die das Team um Hughes nun nachweisen konnte. Die vor Ort gesammelten und im Fachjournal Pnas präsentierten Daten zeigen, dass die damaligen Atomtests bis heute tatsächlich mehr Radioaktivität hinterlassen haben als die Reaktorunfälle von Tschernobyl und Fukushima.

Sogar auf dem Bikini-Atoll wiesen die Forscher um Hughes in einigen Untersuchungen mehr Plutonium nach, als in den Sperrzonen von Tschernobyl oder Fukushima gemessen werden konnten. Um zu diesen Daten zu kommen, holten die Forscher direkt aus dem Castle-Bravo-Krater insgesamt 130 Sedimentproben. In diesen Proben konnten die Wissenschafter zahlreiche radioaktive Isotope feststellen, darunter Plutonium-239 und -240 sowie Americium-241 und Bismut-207. Die Plutonium-Isotope wiesen dabei eine Radioaktivität von 54 Picocurie pro Gramm auf. Dies entspricht etwa zwei Becquerel bzw. 120 Zerfällen pro Minute und Gramm.

Kein Lebensraum

Die Analysen stellten damit einen um das Zehnfache höheren Strahlenwert gegenüber den Nachbarinseln fest. Letztlich ist dieser Testort somit der am massivsten verseuchte Platz der gesamten Marshall-Inseln. Betroffen waren darüber hinaus auch die Atolle Eniwetok, Rongelap und Utirik. Ein für die Zukunft besonders Problem dürften auch jene von den USA versenkten radioaktiv kontaminierten Kriegsschiffe in der Region darstellen, die diesen Tests ausgesetzt waren.

Eine andere Studie nahm das Zäsium-137 in Obst auf den Inseln rund um das Testgelände ins Visier. Dabei stellten die Forscher ebenfalls Radioaktivitätswerte fest, die zum Teil weit über internationalen Sicherheitsvorgaben liegen. Letztlich gehen die Wissenschafter davon aus, dass die vier nördlichen Inseln Runit, Enjebi, Bikini und Naen aufgrund der Nachwirkungen der US-Atombombenversuche für Menschen eigentlich kein geeigneter Lebensraum mehr sind. (Thomas Bergmayr, 22.7.2019)