Macron empfing am Montag die UNHCR-Verteter Vincent Cochetel und Filippo Grandi sowie Dimitris Avramopoulos, den EU-Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft.

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Paris – Dem deutsch-französischen Vorschlag einer europäischen Übergangsregelung zur Verteilung von im Mittelmeer geretteten Migranten wollen laut Frankreichs Präsident Emmanuel Macron insgesamt 14 Länder zustimmen. Acht davon seien zu aktiver Mitarbeit bei einem Verteilungsverfahren bereit, sagte Macron am Montag nach einem Treffen von EU-Außen- und Innenministern in Paris. Österreich ist skeptisch.

Wer konkret zur Zusammenarbeit bereit sei, ließ Macron, der am Nachmittag auch den Chef des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) Filippo Grandi traf, offen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf Vertraute des französischen Präsidenten, dass sich neben Finnland, Luxemburg und Portugal auch Kroatien, Litauen und Irland dem deutsch-französischen Vorschlag, der bereits am vergangenen Freitag bei dem Innenministertreffen in Helsinki diskutiert wurde, anschließen wollen.

Die EU-Kommission begrüßte die Initiative. Es seien "ganz klar" Fortschritte zu sehen, auch das Treffen der EU-Außen- und Innenminister am Montag in Paris sei ein weiterer "wichtiger Schritt" gewesen, sagte die Kommissionssprecherin Natasha Bertaud am Dienstag in Brüssel.

"Wir sind ermutigt angesichts der Unterstützung, die wir bis dato gesehen haben", so Bertaud. Die Kommission sei "voll und ganz bereit", die Mitgliedsstaaten in finanzieller und operativer Hinsicht zu unterstützen.

Österreich skeptisch

Österreich zeigte sich bereits am Freitag skeptisch. Man sei der Ansicht, dass der deutsch-französische Vorschlag in punkto Maßnahmen "vor Ort", inklusive der nordafrikanischen Staaten, und hinsichtlich der Vermeidung eines "Pull-Effekts" noch "entscheidend nachgebessert" werden müsse, hatte Innenminister Wolfgang Peschorn bereits nach dem Treffen in Helsinki erklärt, am Montag wollte sich das Innenministerium auf Anfrage zunächst nicht äußern.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat den Vorschlag kritisiert. Er habe "kein Verständnis, dass diese Debatte wieder gestartet" werde. "Es ist das falsche Signal in Richtung der Schlepper und der Migranten", sagte Kurz am Montagabend (Ortszeit) in San Francisco am Rande einer Studienreise ins Silicon Valley.

Ein derartiges Signal bedeute, "dass sich mehr Menschen auf den Weg machen, dass die Schlepper mehr verdienen und dass mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken". Kurz hatte sich in der Vergangenheit mehrfach gegen einen EU-weiten Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge ausgesprochen. "Seit Jahren wissen wir, dass die Verteilung nicht die Lösung der Migrationsfrage sein wird." Es gebe eine große Anzahl an EU-Ländern, die nicht mitmachen wollen.

Im Gegensatz zu dem vor einigen Jahren beschlossenen Verteilungsmechanismus, den vor allem osteuropäische Staaten ablehnten, basiert der deutsch-französische Vorschlag allerdings auf Freiwilligkeit.

Die von Deutschland und Frankreich initiierte Regelung soll verhindern, dass Italien und Malta Schiffen mit geretteten Menschen die Einfahrt in ihre Häfen untersagen. Beide Staaten hatten dies in der Vergangenheit mehrfach getan, weil sie befürchteten, mit der Verantwortung für die Migranten von den EU-Partnern alleine gelassen zu werden. Infolgedessen harrten Menschen auf privaten Rettungsschiffen oft tagelang an Bord aus, bis eine Lösung gefunden war.

Salvini nicht dabei

Italiens Innenminister Matteo Salvini nahm nicht an dem Treffen in Paris teil. Er warnte in einem Brief an seinen französischen Kollegen Christophe Castaner vor den Auswirkungen von Entscheidungen "die nur in Paris und Berlin" getroffen worden seien.

Deutschlands Außenminister Heiko Maas hatte bereits zuvor erklärt, sollte eine ausreichende Zahl von Staaten mitmachen, könne die Blockade der EU zunächst für den Bereich der Seenotrettung schnell überwunden werden. Zur dauerhaften Entlastung besonders betroffener Aufnahmeländer sei jedoch eine Reform des europäischen Asylsystems notwendig.

Libyen soll Geflüchtete freilassen

Macron beklagte am Montag auch die Bombardierungen von Flüchtlingslagern im bürgerkriegserschütterten Libyen und rief die Regierung in Tripolis dazu auf, die Geflüchteten aus den Internierungslagern freizulassen. Die Lage in dem Land sei sehr besorgniserregend. Migranten werden in Libyen ohne gültige Papiere in Internierungslager mit katastrophalen Zuständen gesteckt. Anfang Juli tötete ein Luftangriff auf ein Internierungslager 53 Menschen.

Ein neues Sondertreffen zur Frage der Verteilung von Flüchtlingen in der EU ist für die erste Septemberwoche auf Malta geplant. Die Europäische Union kann sich seit Jahren nicht auf eine verbindliche Quote zur Verteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Mitgliedsländer einigen – mehrere östliche Länder sind strikt dagegen. Die umstrittenen Dublin-Regeln der EU besagen, dass derjenige EU-Staat für Migranten zuständig ist, den sie zuerst erreichen. (APA, 23. 7. 2019)