Die Sonnenfinsternis von 1919 bestätigte Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie. 1946 bewies Kurt Gödel, dass Zeitreisen zumindest mathematisch kein Ding der Unmöglichkeit sind.

Foto: F. W. Dyson, A. S. Eddington, C. Davidson

Wien – Vor 100 Jahren, am 29. Mai 1919, brachte eine Sonnenfinsternis die experimentelle Bestätigung der von Einstein vier Jahre zuvor veröffentlichten Allgemeinen Relativitätstheorie (ART). Durch die Eklipse konnten Sterne in der Nähe der Sonne beobachtet werden. Sie erschienen gegenüber ihrer herkömmlichen Position ein wenig verschoben, weil die Lichtstrahlen durch das Gravitationsfeld der Sonne gekrümmt würden.

30 Jahre später veröffentlichte der österreichische Logiker und Mathematiker Kurt Gödel in einer Ausgabe der Fachzeitschrift "Review of Modern Physics", die Einsteins 70. Geburtstag gewidmet war, eine Arbeit zur sogenannten Gödel-Metrik, in der er bewies, dass die ART einen merkwürdigen Kosmos erlaubt. Dieser "Gödel-Universum" weist zwei besondere Eigenschaften auf: Zum einen rotiert es, was seinen Kollaps durch die Schwerkraft der enthaltenen Materie verhindert. Und zum anderen lässt es Zeitreisen in die Vergangenheit zu.

Rückkehr in die Vergangenheit

In Gödels Modell von 1949 sind die sogenannten Weltlinien, die zwei Punkte in der vierdimensionalen Raumzeit miteinander verbinden, aufgrund der Rotation in sich geschlossen und führen kreisförmig immer wieder an den Ausgangspunkt zurück. Fliegt also ein Astronaut im Gödel-Universum immer geradeaus, kann er unter bestimmten Umständen wieder an den Punkt zurückgelangen, an dem er gestartet ist – allerdings zu einem früheren Zeitpunkt.

Bisher gibt es keine Hinweise, dass unser Universum wie in Gödels Annahme rotiert. Das Modell zeigt dennoch, dass Reisen in die Vergangenheit grundsätzlich im Einklang mit Einsteins Gleichungen wären. In der relativistischen Kosmologie ist es nach wie vor ein beliebtes Lehrbuch-Beispiel und gilt als Ausgangspunkt einiger wichtiger Entwicklungen auf dem Gebiet der ART.

Konferenz zu Gödels Erbe

Zu den beiden Jahrestagen findet vom 25. bis 27. Juli in Wien die Konferenz "Kurt Gödels Legacy: Does Future Lie in The Past?" statt. Bei der von der Kurt Gödel Gesellschaft veranstalteten internationalen Konferenz an der Universität Wien werden Wissenschafter aus den Gebieten der Mathematik, Physik, Informatik, Philosophie und Logik zusammenkommen. Zu den Teilnehmern zählt Rainer Weiss, der 2017 gemeinsam mit Barry Barish und Kip Thorne den Physik-Nobelpreis für den Nachweis von Gravitationswellen erhalten hat – eine weitere Verifizierung eines von der ART vorhergesagten Phänomens.

Sonderausstellung

Der aus Südafrika stammende Philosoph Palle Yourgrau von der Brandeis University wird in seinem Vortrag die beiden Jubiläumsereignisse miteinander verbinden und über die philosophischen Implikationen von Gödels und Einsteins Arbeiten sprechen. Der Mathematiker und Kosmologe John Barrow von der Cambridge University wird die Geschichte der verschiedenen möglichen Universen erzählen, die als Lösungen für Einsteins Gleichungen gefunden wurden. Zur Konferenz wird eine vom Wiener Mathematiker Karl Sigmund kuratierte Sonderausstellung über Leben und Werk von Kurt Gödel gezeigt. (red, APA, 25.7.2019)