Huawei-Smartphones: Derzeit führt kein Weg um Android herum.

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Der Traum vom Android-Ersatz bei Huawei ist ausgeträumt – zumindest vorerst. Vergangene Woche stellte das Unternehmen gegenüber Pressevertretern klar, dass die Eigenentwicklung "Hongmeng" nicht für Smartphones gedacht ist, sondern nur für Geräte aus dem Bereich des "Internet der Dinge". Eine Anpassung dieses Systems für Smartphones habe man noch nicht einmal begonnen, betont Huawei. Zuvor hatte das Unternehmen wochenlang erklärt, dass man als Reaktion auf den Handelsbann durch die USA ohnehin problemlos auf die Eigenentwicklung wechseln könnte.

Android oder nichts

Die aktuelle Kurskorrektur macht aber eines klar: Zumindest vorerst gibt es für Huawei keine Alternative. Die Zukunft des Smartphone-Geschäfts des chinesischen Hardwareherstellers ist Android – oder nichts. Einen "Plan B" gibt es einfach nicht. Damit befindet sich das Unternehmen aber auch genau dort, wo man strategisch gesehen ganz sicher nicht sein will: Komplett in der Hand von US-Präsident Donald Trump und dessen Launen.

Trump hatte zwar vor einigen Wochen angekündigt, dass es eine Lockerung des Handelsbann gegen Huawei geben könnte. Bisher hat sich in dieser Hinsicht aber nichts getan. Das Unternehmen steht weiter auf der "Schwarzen Liste" des Handelsministeriums, die es US-amerikanischen Firmen verbietet, irgendeine Form von Geschäftsbeziehung mit dem chinesischen Hardwarehersteller aufrecht zu erhalten. Derzeit gilt zwar eine neunzigtägige Übergangsfrist, in der eine minimale Zusammenarbeit – etwa für Sicherheits-Updates – weiter erlaubt ist, diese läuft aber bereits am 19. August aus. Schon jetzt bekommt Huawei für neue Geräte keine offizielle Android-Lizenz mehr, womit sie auch außerhalb Chinas nicht verkauft werden dürfen.

Alternativen

Danach bliebe Huawei angesichts der jetzt vorliegenden Informationen eigentlich nur eine Option: Eine inoffizielle Abspaltung von Android zu verwenden: Das tut man zwar schon in China – wo es keine Google-Services gibt, da das Unternehmen in dem Land nicht aktiv ist – könnte aber in anderen Ländern trotzdem ziemlich schwierig werden. Das zentrale Problem dabei ist, dass man hier um sämtliche Google-Dienste umfallen würde, und dazu gehört nicht nur der Play Store samt all den darin enthaltenen Apps sondern auch zentrale Infrastrukturdienste, ohne die viele Apps nicht gehen. Man müsste hier also erst viele Dienste und das App-Angebot neu aufbauen, und selbst dann auf populäre Apps verzichten.

Dazu kommt noch, dass unklar ist, ob Huawei das überhaupt darf: Immerhin hat man mit Google gültige Geschäftsbeziehungen, die einen Vertrieb von Smartphones mit inoffiziellem Android außerhalb von China verbieten. Wie lange diese Verträge gültig sind, ist aufgrund der strikten Geheimhaltung, der sie unterliegen, nicht bekannt. Dass es solche Abmachungen gibt, ist überhaupt erst durch verschiedene Gerichtsverfahren und Kartellrechtsermittlungen öffentlich geworden. Zumindest kurzfristig ist eine Android-Abspaltung also wohl ebenfalls kein tauglicher Ersatz. Huawei könnte im Fall, dass der Handelsbann aufrecht bleibt, nur versuchen, mit bereits veröffentlichten Geräten den Einbruch der Verkäufe möglichst gering zu halten.

Niemand will den Bann

Unabhängig von all dem, gibt es aber auch noch eine andere Perspektive, die gerne übersehen wird. In der Techbranche gibt es eigentlich niemanden, der diesen Bann will. Von Google über Microsoft bis zu Intel oder Qualcomm: Alle würden sie gerne weiter mit Huawei Geschäfte machen. Gerade für Google ist Huawei ein wichtiger strategischer Partner, immerhin verkauft sonst nur Samsung ähnlich viele Geräte mit Android. Aber auch die anderen haben allesamt ein direktes finanzielles Interesse daran, dass Huawei weiter mit US-Firmen kooperieren darf.

Druck

Angesichts der aktuellen Situation werden die betroffenen Unternehmen nun zunehmend unruhig. In einem Gespräch mit US-Präsident Trump sollen mehrere Vertreter großer Firmen auf eine baldige Gewährung von Ausnahmelizenzen gepocht haben, berichtet die New York Times. Das Weiße Haus soll dabei eine rasche Entscheidung versprochen haben, in welche Richtung diese gehen wird, lässt man aber weitgehend offen. Es heißt lediglich vage, dass man solche Lizenzen nur in Fällen vergeben werde, wo keine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA besteht – wie auch immer man dies schlussendlich auslegt. (apo, 23.7.2019)