Wirkt die Biologika-Therapie, haben die Patienten einen völlig anderen Stoffaustausch im Mikrobiom.

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Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Collitis ulcerosa werden meist mit Antikörpern behandelt, die sich an spezifische Botenstoffe des Immunsystems binden und so die Entzündungsvorgänge einbremsen. Dadurch wird die Krankheit zwar nicht geheilt, die Symptome können aber zumindest kontrolliert werden.

Allerdings schlagen diese Medikamente aus der Gruppe der Biologika nicht bei allen Patientinnen und Patienten an. Wer davon profitiert, kann bislang nicht vorhergesagt werden.

Forscher des deutschen Exzellenzclusters "Precision Medicine in Chronic Inflammation" (PMI), eines Forschungsverbunds mit rund 300 Mitgliedern, sind einer Lösung dieses Problems nun näher gekommen. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Gastroenterology" veröffentlicht.

Keine Rückschlüsse

Die Wissenschaftler haben untersucht, ob die Therapie mit Biologika das Darmmikrobiom, also die Gesamtheit aller im Darm lebenden Mikroorganismen, bei CED-Patienten beeinflusst und ob sich daraus Informationen über die Erfolgsaussichten der Therapie gewinnen lassen.

Schon in früheren Studien konnte gezeigt werden, dass die Diversität des Darmmikrobioms bei CED-Patienten im Vergleich zu gesunden Menschen geringer ist. Die Forscher konnten in ihrer Studie nun zeigen, dass eine Biologika-Therapie tatsächlich die Diversität bei CED-Patienten in Richtung des Mikrobioms gesunder Menschen verändert. "Allerdings konnten wir, anders als gehofft, anhand dieser Veränderung keine Rückschlüsse auf das Therapieansprechen der Patienten ziehen", berichtet der Erstautor der Studie, Konrad Aden, Wissenschafter an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).

"Das liegt wahrscheinlich daran, dass mit derzeitigen Analysemethoden der Mikrobiomdaten danach gefragt wird, welche Bakterien vorhanden sind und nicht, was diese Bakterien machen, zum Beispiel welche Stoffe sie produzieren", erklärt Philip Rosenstiel, Direktor des Instituts für klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU.

Völlig anderer Stoffaustausch

Um also ein tieferes Verständnis über die Funktion des Mikrobioms unter Biologika-Therapie bei CED-Patienten zu gewinnen, wurde ein systembiologischer Ansatz verfolgt. "Wir haben am Computer den Nährstoffaustausch von Bakterien untereinander simuliert und darauf basierend berechnet, welche Stoffwechselendprodukte durch das Mikrobiom im Darm produziert werden", so Christoph Kaleta, Leiter der Arbeitsgruppe Medizinische Systembiologie an der CAU.

Interessanterweise zeigte sich, dass Patienten, bei denen die Biologika-Therapie die Symptome erfolgreich bekämpft, schon vor Therapiebeginn einen völlig anderen Stoffaustausch im Mikrobiom aufweisen als Patienten, bei denen die Therapie nicht wirkt. So produzieren die Darmbakterien bei den Betroffenen, die später auf die Therapie ansprechen, unter anderem mehr kurzkettige Fettsäuren, die eine bekannte schützende Wirkung auf Darmzellen ausüben.

Gestörte Prozesse

"Unsere Daten weisen darauf hin, dass ein genaueres Verständnis über den Stoffaustausch von Bakterien uns helfen kann zu verstehen, welche Prozesse im Mikrobiom bei CED-Patienten wirklich gestört sind. In Zukunft könnten gezielte Nahrungsmittelinterventionen helfen, genau diese Defizite auszugleichen", so Rosenstiel.

"Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Präzisionsmedizin für chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Wir hoffen auf dieser Grundlage in Zukunft frühzeitiger und präziser erkennen zu können, ob einzelne Patienten von einer Biologika-Therapie profitieren wird oder nicht", sagt Stefan Schreiber, Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie an der CAU. Patienten, denen das Biologikum nicht helfen wird, könnte das viel Aufwand und mögliche Nebenwirkungen ersparen. (red, 28.7.2019)