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Seevögel wie diese Lumme an einem Strand bei Anglet in Südwestfrankreich sind von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen.

Foto: AP/Bob Edme

Berlin –Die Geschwindigkeit, mit der sich durch den Klimaerwärmung natürliche Habitate verändern, bringen zahlreiche Tier- und Pflanzenarten in die Bredouille. Vögel können sich zwar mit verschiedenen Strategien dem Klimawandel anpassen, allerdings halten auch sie mit dessen Tempo kaum mit, so dass selbst anpassungsfähige Arten wie Kohlmeise, Rauchschwalbe und Elster langfristig bedroht sind, warnen Wissenschafter.

Zu dieser Einschätzung kommen Forscher des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und internationale Kollegen nach einer Auswertung von Daten aus 71 Studien. Die Ergebnisse wurden nun im Journal "Nature Communications" veröffentlicht.

Häufige Reaktionen

In der Tierwelt ist eine zeitliche Veränderung biologischer Ereignisse wie Winterschlaf, Fortpflanzung oder Migration (phänologische Merkmale) die am häufigsten beobachtete Reaktion auf den Klimawandel. Veränderungen der Körpergröße, der Körpermasse oder anderer morphologischer Merkmale wurden ebenfalls mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht, zeigen aber – wie in dieser Studie bestätigt – kein systematisches Muster.

Die Forscher untersuchten die wissenschaftliche Literatur auf Hinweise und Belege, die die Klimaveränderungen im Laufe der Jahre mit möglichen Veränderungen der phänologischen und morphologischen Eigenschaften in Verbindung bringen. Basierend darauf bewerteten sie, ob beobachtete Merkmalsänderungen mit einem höheren Überleben oder einer erhöhten Anzahl von Nachkommen verbunden waren.

"Unsere Forschung konzentrierte sich auf Vögel, weil vollständige Daten über andere Tiergruppen knapp waren", sagt die Hauptautorin Viktoriia Radchuk (Leibniz-IZW). "Wir zeigen, dass in gemäßigten Regionen die steigenden Temperaturen mit der Verschiebung des Zeitpunkts biologischer Ereignisse hinzu früheren Zeiten verbunden sind."

Fatale Lücke

"Manche Arten wie Blaumeise, Kohlmeise, Rötelfalke und Eichelhäher legen ihre Eier früher im Jahr und sie legen insgesamt mehr Eier, doch langfristig reicht das Tempo der Anpassung nicht aus, um die Art zu erhalten", sagte Radchuk vom Leibniz-IZW. "Es gibt trotzdem noch eine Lücke zwischen der eigentlichen Brutzeit und der optimalen Brutzeit." Optimal sei die Brutzeit unter anderem, wenn die Natur am meisten Nahrung biete.

Bei manchen Arten funktioniere die Anpassung gar nicht, etwa bei der Trottellumme. "Die Vögel spüren nicht, dass sich die Bedingungen verändern und sie auch ihre Fortpflanzungszyklus anpassen müssen", so Radchuk. Die Ergebnisse seien beunruhigend.

Pessimistische Prognosen für seltene Arten

Noch beunruhigender sei die Tatsache, dass die analysierten Daten zu insgesamt 17 Spezies überwiegend häufige Arten umfassten, von denen bekannt ist, dass sie mit dem Klimawandel relativ gut umgehen. "Vergleichbare Anpassungen bei seltenen oder gefährdeten Arten müssen noch analysiert werden. Wir befürchten, dass die Prognosen zum Überleben für solche Arten, die für den Naturschutz von Belang sind, noch pessimistischer sein werden", sagte Stephanie Kramer-Schadt, Leiterin der Abteilung für Ökologische Dynamiken am Leibniz-IZW. (red, APA, 24.7.2019)