Helmut Brandstätter sucht sich nach dem Verfassen seines Buches eine neue Herausforderung.

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Wien – Den dramaturgischen Aufbau hätte die türkis-blaue Message-Control auch nicht besser hinbekommen. Seit Tagen steht ein Wechsel Helmut Brandstätters zu den Neos im Raum. Offiziell bestätigen wollte der bisherige "Kurier"-Herausgeber diesen auch am Mittwoch bei der Präsentation seines neuen Buches "Kurz & Kickl – Ihr Spiel mit Macht und Angst" nicht – auch wenn er nur noch eine Formsache ist.

Der erweiterte Vorstand der Neos beriet am Mittwochabend darüber, ob Brandstätter eine sogenannte Wildcard für die Bundesliste der Pinken zur Nationalratswahl bekommt. Alle wesentlichen Entscheidungsträger in der Partei waren aber natürlich bereits vorab eingebunden.

Zweiter Listenplatz

Nach STANDARD-Informationen bekommt Brandstätter den zweiten Listenplatz, wird also direkt hinter Parteichefin Beate Meinl-Reisinger gereiht. Am Donnerstag um 10.30 Uhr werden die beiden gemeinsam vor die Presse treten.

Am Samstag muss dann noch die Mitgliederversammlung der Partei einer Nominierung zustimmen. Dass Brandstätter dort durchfallen könnte, gilt aber als eher unwahrscheinlich. Auch bei der Nationalratswahl 2017 hatten die Neos mit Irmgard Griss eine Quereinsteigerin auf Platz zwei.

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Seinen journalistischen Rückzug hatte Brandstätter bereits am Dienstag eingeleitet, indem er mit dem "Kurier" einvernehmlich die vorzeitige Beendigung seines Herausgebervertrags vereinbarte. Als Chefredakteur war er bereits im Herbst des Vorjahres von Martina Salomon abgelöst worden. Diesen Wechsel führt er, wie berichtet, nicht zuletzt auf Interventionen durch ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz zurück.

Sollte er in die Politik gehen, werde er sich jedenfalls weiterhin für einen unabhängigen Journalismus in Österreich einsetzen, betonte er bei der Buchpräsentation. Auch darüber, wie er ein politisches Mandat anlegen würde, hat er bereits nachgedacht: "Das Wesentliche ist, seinen Grundsätzen treu zu bleiben." An diesen habe sich seit seinen Studentenzeiten nichts geändert, als er für die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft aktiv war, sagte Brandstätter, der sich selbst als "Bürgerlichen mit christlich-sozialem Hintergrund" sieht.

Abrechnung mit Türkis-Blau

Sein Buch ist eine Abrechnung mit der letzten Regierung. Die türkis-blaue Politik sei eine Gefahr für die Demokratie gewesen. Die FPÖ, allen voran Herbert Kickl, habe Österreich in einen autoritären Staat nach ungarischem Vorbild umbauen wollen. Kurz habe aus machtpolitischen Überlegungen mitgespielt. "Die Demokratie geht aber nicht von heute auf morgen verloren, es geht langsam", ist Brandstätter überzeugt.

Als Beleg für seine These führte er den Umbau des Verfassungsgerichtshofs, die BVT-Affäre, Kritik am "NGO-Wahnsinn", eine "unmenschliche Sprache", die zahlreichen blauen "Einzelfälle" sowie schwache Parlamentarier an, die sich im Sinne der Message-Control vorschreiben ließen, wie sie zu agieren hätten.

Sobald sich Brandstätter offiziell den Neos anschließt, dürfte das auch noch den ORF beschäftigen. Der 64-Jährige ist mit der Fernsehjournalistin Patricia Pawlicki verheiratet, die derzeit das Parlamentsmagazin "Hohes Haus" präsentiert und auch das abendliche Format "Runder Tisch" moderiert. Dem Vernehmen nach wird bereits diskutiert, Pawlicki von politischen Sendungen abzuziehen.

Eine ähnliche Konstellation gab es im ORF bereits. Claudia Reiterer wurde 2007 von politischen Sendungen abgezogen, weil sie mit dem damaligen Parteimanager der Grünen, Lothar Lockl, verheiratet war. Nach dessen Ausstieg aus der Politik kehrte sie als Moderatorin der Sendung "Im Zentrum" zurück. (go, 24.7.2019)