Es ist mit höchster Wahrscheinlichkeit schon ihre letzte Chance – und Annegret Kramp-Karrenbauer weiß das genau. Wenn sie im Herbst 2021 – oder auch deutlich früher, falls die längst ächzende große Koalition in Berlin vorher detoniert – ins Kanzleramt einziehen will, dann reicht es nicht, in ihrem CDU-Chefinnen-Büro Parteipflege und politische Theorie zu betreiben und langatmige Zeitungsaufsätze an die tatsächlichen Inhaber von Macht wie etwa an den französischen Präsidenten zu richten.

Annegret Kramp-Karrenbauer wir deutsche Verteidigungsministerin.
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Wenn Deutschland Angela Merkels Protegé ernst nehmen soll, für eine Selbstdenkerin halten und für kanzlerbereit – dann wird es höchste Zeit für AKK, der Republik ein paar Beweise zu liefern: für Ideenreichtum und Führungskraft, für Mut und Realitätssinn im Entwerfen von Zukunftskonzepten und, in Anbetracht diverser Patzer in ihrer noch kurzen Vorsitzendenzeit, dringend auch für Reaktionssicherheit in heiklen Lagen. Kurz: Die Bewerberin braucht eine große Bühne – und darauf die Möglichkeit des ganz großen Auftritts.

Deshalb musste Kramp-Karrenbauer riskieren, als karrierelüsterne Wortbrüchige dazustehen und nach dem ersten Ministerium zu greifen, das sich ihr bietet. Ihre Selbstinszenierung als Merkel II, nachdenklich, vorausschauend und vor allem superseriös, ist damit ruiniert – und ihr Ruf obendrein, mehr als bloß ein bisschen. Nur die Chance aufs Kanzleramt hat AKK mit ihrem Coup gerettet. Vorerst. (Cornelie Barthelme, 24.7.2019)