Legionellen siedeln sich auch in Wasserleitungen an. Das kann für Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich werden.

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Üblicherweise leben Legionellen in Frischwasserbiotopen, wo sie sich hauptsächlich in Amöben vermehren. Sie können aber auch Wasserbehälter oder Leitungen besiedeln und sich über schlecht gewartete Klimaanlagen mit Rückkühlwerken verbreiten. Die Infektion geschieht dann über kontaminierte Aerosole, die in die Luft gelangen.

Die Erreger verursachen unter anderem Lungenentzündungen, die bei älteren und immungeschwächten Patienten oft tödlich verlaufen. Was Legionellen so gefährlich macht, ist ihre Fähigkeit, sich in den Fresszellen des Immunsystems zu vermehren, indem sie Virulenzfaktoren absondern. Manche dieser Effektoren – die Enzyme der sogenannten SidE-Familie – sind so giftig, dass sie ohne Kontrolle ihre Wirtszellen sofort umbringen würden.

Legionellen brauchen die Wirtszellen jedoch, um sich zu vermehren, und so haben sie einen ausgeklügelten Mechanismus entwickelt, um die Aktivität der SidE-Enzyme genau zu dosieren. Wie das funktioniert, haben nun Wissenschafter der Goethe-Universität und des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) aus Grenoble herausgefunden. Sie konnten zeigten, dass der ebenfalls von Legionellen ausgeschüttete Reglator SidJ als Gegenspieler von SidE-Enzymen funktioniert und so eine exakte Kontrolle der SidE-Aktivität gewährleistet.

Vermehrung von Legionellen verhindern

Der SidJ-Regulator ist eine Glutamylase – das heißt, er verfügt über eine seltene Enzymaktivität, mit der Aminosäure-Glutamate zu Ketten verknüpft werden können. In diesem Fall greift SidJ das zentrale Glutamat von SidE-Enzymen an und hemmt so deren Aktivität. Bislang war nur wenig über Glutamylasen bekannt – umso überraschter waren die Wissenschafter, als sie entdeckten, dass ausgerechnet dieser Enzymtyp wichtig für das koordinierte Zusammenspiel der Virulenzfaktoren von Legionellen ist.

Die Forscher fanden auch heraus, wie SidJ in Wirtszellen aktiviert wird: Das Enzym benötigt das Calcium-bindende Protein Calmodulin, das in den Zellen von Säugetieren vorhanden ist. Bei der Aufklärung der Struktur des Calmodulin-SidJ Komplexes spielte die Kryo-Elektronenmikroskopie eine wesentliche Rolle. "Die Anheftung von Glutamatresten zur Regulation von Proteinen ist bislang viel zu wenig erforscht. Unsere Erkenntnis, dass Legionella pneumophilia genau diesen Mechanismus nutzt, um die Infektion aufrecht zu erhalten, zeigt, dass wir hier dringenden Nachholbedarf haben. Völlig offen ist beispielsweise, inwieweit Legionellen hierdurch auch andere zelluläre Prozesse regulieren", sagt Sagar Bhogaraju vom EMBL.

Der bisher unbekannte Mechanismus soll nun neue Möglichkeiten schaffen, um die Ausbreitung von Legionellen im Wirtsorganismus zu hemmen. "Gegenwärtig arbeiten wir daran, SidJ gezielt auszuschalten, indem wir Inhibitoren für die Glutamylase-Domäne entwickeln. Sie könnten zusätzlich zur Gabe von Antibiotika die Vermehrung von Legionella pneumophilia in Fresszellen verhindern", erklärt Studieneliter Ivan Dikic. (red, 25.7.2019)