Wien – Der geplante Individualantrag der Nachtlokalbetreiber an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zur Kippung des mit 1. November in Kraft tretenden Gastronomierauchverbots soll in der zweiten Augustwoche eingebracht werden. Die Antragsführer argumentieren, dass mit dem Gesetz keine Rücksicht auf die Anrainer genommen werde und ein Eingriff in die Grundrechte der Raucher und Lokalbetreiber vorliege.
Auch eine ungerechtfertigte Gleichsetzung von Nachtlokalen und Restaurants soll gegeben sein, führte der die mittlerweile über 1.000 Unternehmer vertretende Rechtsanwalt, Florian Berl, bei einem Pressegespräch am Donnerstag in Wien aus. Schließlich falle ein gewöhnlicher Restaurantbesuch zu anderer Stunde und zu anderem Zweck als ein Besuch eines Nachtlokals an. "Der Gesetzgeber hat hinsichtlich der jeweiligen erlaubten Öffnungszeiten erkannt, dass hier zu differenzieren ist. Beim kommenden Gastronomietauchverbot wurde nicht differenziert. Nachtlokalbetreiber fühlen sich im Stich gelassen", meinte Berl.
Raucherquote laut Berl in Österreich rund 30 Prozent
Österreich habe eine Raucherquote von circa 30 Prozent. Demnach würden 30 bis 50 Prozent der Nachtlokalgäste ab 1. November gezwungen sein, nach draußen zu gehen, um zu rauchen. Schließlich würden auch Nichtraucher die Raucher nach draußen begleiten, sagte Berl. Daraus resultiere eine nächtliche Lärm- und Geruchsbelästigung für die Anrainer, die wiederum zu einer Anzeigenflut führen würde. Diese werde zu früheren Sperrstunden oder nachträglichen Auflagen führen, die schließlich die wirtschaftliche Existenz der Nachtlokale gefährden, erklärte der Rechtsanwalt die Bedenken der Antragsteller.
Auch in die Grundrechte der Raucher werde mit dem Gastrorauchverbot eingegriffen. Dabei sei das laut dem Rechtsanwalt nicht nötig, um ausreichend Nichtraucherschutz gewährleisten zu können. Das verdeutliche ein Blick auf die European Tobacco Control Scale, die anhand von sechs Kategorien misst, wie es um die Tabakkontrolle in einem Land bestellt ist. Von 35 beurteilten europäischen Ländern belegt Österreich mit 36 von maximal 100 zu erreichenden Punkten den letzten Platz.
In der Kategorie "Rauchverbote im öffentlichen Raum" sind höchstens 22 Punkte zu erreichen. 18 davon könnten erzielt werden, wenn ein absolutes Rauchverbot mit streng getrennten sowie mit Abluftanlagen ausgestatteten Raucherbereichen vorhanden wäre, sagte Berl. In der Kategorie "Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung" hat Österreich keinen einzigen der maximal 15 möglichen Punkte zugesprochen bekommen. "Es besteht so viel Nachholbedarf bei Prävention und Information, dass lieber erst hier angesetzt werden sollte, bevor man in die Grundrechte der Raucher eingreift", sagte der Rechtsanwalt.
Mitarbeiterschutz werde bereits betrieben
Auf den Mitarbeiterschutz angesprochen, meinte Stefan Ratzenberger, Sprecher der Initiative, dass dieser durch eingebaute Filteranlagen bereits betrieben werde. "Heutige Nachtlokale sind nicht mit Kellerdiscos aus den 80er-Jahren zu vergleichen", sagte er. Servicefreie Raucherbereiche wären als Bedingung ein denk- und gangbarer Weg, um Mitarbeiter noch stärker zu schützen.
Für einen Individualantrag an den VfGH muss der Antragsteller durch eine generelle Norm, die ohne behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wurde, unmittelbar in seinen Rechten verletzt sein. Formalrechtlich ist für den Antrag nur ein Nachtlokalbetreiber nötig. "Alle 1.000 Unterstützer der Initiative beizufügen, hätten keinen Sinn. Das würde niemand lesen", erklärte Ratzenberger. Auf den Individualantrag haben es schließlich vier Betreiber geschafft: jene der Kaktusbar in der Wiener Innenstadt, des Prater Domes in Wien-Leopoldstadt, des Musikpark A1 Linz und des Club Kottulinsky in Graz.
Keine Anrainer unter Antragstellern
Zwar hätten auch einige Anrainer Interesse bekundet, sich dem Individualantrag anzuschließen, doch seien diese nicht unmittelbar vom Gastrorauchverbot betroffen, somit könnten sie nicht als Antragsteller fungieren, erklärte Rechtsanwalt Berl.
Der weitere Fahrplan sieht vor, dass der Individualantrag in der zweiten Augustwoche eingebracht wird. Nachdem er formal geprüft worden ist, muss der Bundesregierung eine achtwöchige Stellungnahmefrist gewährt werden. Somit gehe sich die Behandlung des Antrags wohl erst in der Dezembersitzung des VfGH aus, meinte Berl. (red, APA, 25.7.2019)