Nach dem umstrittenen Abriss zahlreicher palästinensischer Häuser in Ostjerusalem durch Israel ist vonseiten des UN-Sicherheitsrats vorerst keine Verurteilung zu erwarten: Die USA lehnten am Mittwoch einen entsprechenden Vorschlag von Kuwait, Indonesien und

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Einige der gesprengten Häuser waren bewohnt, andere befanden sich noch im Bau.
Foto: Reuters/ Ammar Awad

Südafrika ab. Andere UN-Vertreter, darunter der humanitäre Koordinator Jami McGoldrick, erklärten hingegen bereits zuvor in einer Stellungnahme, "Israels Politik der Zerstörung von palästinensischem Eigentum ist nicht vereinbar mit seinen Verpflichtungen hinsichtlich der internationalen Menschenrechte."

Israel hatte am Montag mit dem Abriss von insgesamt 13 mehrstöckigen Wohngebäuden in Wadi Al Hummus im Osten Jerusalems begonnen. Einige davon befanden sich noch im Bau, andere waren bereits teilweise bewohnt. Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem sind 17 Menschen von dem Abriss betroffen. Videoaufnahmen zeigen israelische Sicherheitskräfte, die in den frühen Morgenstunden Palästinenser aus ihren Häusern bringen. Einer der Bewohner liegt weinend auf dem Boden.

Nähe zur Sperranlage

Israel begründet den Abriss mit Sicherheitsbedenken: Die Gebäude seien zu nah an der Sperranlage gestanden. Diese hatte Israel im Zuge der zweiten Intifada (2000–2005), dem blutigen Aufstand der Palästinenser, errichtet, um sich vor Terrorangriffen zu schützen. Einige Jahre später, 2011, erließ das israelische Militär eine Verordnung, wonach sich 100 bis 300 Meter im Umfeld der Sperranlage keine Häuser befinden dürfen.

Gilad Erdan, Minister für strategische Angelegenheiten und öffentliche Sicherheit, betonte in einer Stellungnahme, dass der Oberste Gerichtshof der Zerstörung zugestimmt und geurteilt habe, dass "die illegalen Bauten eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit darstellen und einen Unterschlupf für Selbstmordattentäter und andere Terroristen bieten könnten, die sich unter der zivilen Bevölkerung verstecken und das Leben von Zivilisten und Sicherheitskräfte gefährden".

Verworrene Zuständigkeiten

Doch die Lage ist komplizierter: Gemäß der Oslo-Vereinbarungen hat Israel in jenem Gebiet, um das es im aktuellen Fall geht, wenig bis nichts zu sagen. Die Häuser liegen zum Teil in den sogenannten A- und B-Gebieten, welche vollständig beziehungsweise größtenteils der palästinensischen Autonomiebehörde unterstehen. Diese hat das Recht, Baugenehmigungen zu erteilen.

Noch schwieriger macht den Fall die Tatsache, dass das Gebiet – obwohl unter palästinensischer Aufsicht – auf der Jerusalemer Seite der Sperranlage verläuft. Denn hätte Israel die Anlage damals entlang der Stadtgrenze gebaut, wäre der arabische Stadtteil Sur Baher in zwei Teile gerissen worden – was die Bewohner damals verhindern wollten. Dies hatte jedoch zur Folge, dass die Autonomiebehörde bis heute von dem Gebiet abgeschnitten ist und keinen Zugang hat.

"Gefährlicher Präzedenzfall"

Die Bewohner von Sur Baher hatten versucht, die Häuserzerstörung mit einer Petition beim Obersten Gerichtshof zu verhindern, und gaben an, nichts von der Anordnung des Militärs von 2011 gewusst zu haben. Das Gericht lehnte die Begründung ab.

Deutschland, Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich verurteilten das Vorgehen scharf: "Der Abriss von Gebäuden in besetzen Gebieten verstößt – außer in seltensten Ausnahmefällen – gegen das humanitäre Völkerrecht und Resolutionen des UN-Sicherheitsrats. Ein solches Vorgehen verursacht unnötiges Leid für palästinensische Zivilisten und schadet dem Friedensprozess", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die Länder warfen Israel außerdem vor, gegen das Oslo-Abkommen zu verstoßen. "Die Abrisse stellen einen gefährlichen Präzedenzfall dar, der die Zwei-Staaten-Lösung unmittelbar gefährdet." (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 25.7.2019)