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Wien – Der 103. Verhandlungstag im Grasser-Prozess – vor einer sechswöchigen Sommerpause – am Dienstag brachte Emotionen, Anträge und eine weitere Aussage des Belastungszeugen Michael Ramprecht. Gleich zu Beginn kritisierte Karl-Heinz Grassers Anwalt Norbert Wess die Staatsanwaltschaft – es ging um das Kennenlerntreffen vom Zeugen der Anklage, Willi Berner, mit dem damaligen Staatsanwalt, das vor dessen erster Einvernahme im Kaffeehaus stattfand und zu dem es laut Verteidigung keinen Vermerk im Gerichtsakt gebe. Der Verteidiger beantragte deren Vorlage, auf dass die Angeklagten ihre Fragerechte wahren können. Diesem Antrag schlossen sich weitere Verteidiger an.

Als Unterlage für seine Ausführungen wählte Wess auch den Liveticker des STANDARD, was Richterin Marion Hohenecker damit quittierte, dass sie das überrasche, wo doch die Verteidigung Liveticker zunächst gar nicht zulassen wollte.

Emotionale Befragung

Ramprechts Befragung durch Wess und den Verteidiger von Walter Meischberger, Jörg Zarbl, verlief wieder emotional – aber nicht so sehr wie zuletzt, als die Richterin sich gezwungen sah, sie zu beenden. Ramprecht ist mit dem Zeugen Berner befreundet, er hatte Grasser tags zuvor mehrfach belastet, allerdings wurde seine Einvernahme nicht abgeschlossen.

Um Ramprechts Glaubwürdigkeit als Zeuge "auf die Probe zu stellen", beantragte Grassers Verteidigung das Vorspielen von Tonaufnahmen, die der Zeuge angefertigt hat und die bei einer Hausdurchsuchung beim ihm sichergestellt wurden. Dabei geht es unter anderem um Ramprechts Beziehung zu seiner Familie, wie sich aus Wess' Antrag und Zitaten aus den Aufnahmen erschloss. Der Richtersenat hat den Antrag letztlich aber abgewiesen.

Schließlich äußerte sich Ramprecht noch zum Hauptangeklagten Grasser: Früher habe er ihn bewundert, dann sei er sehr enttäuscht gewesen, aber das sei schon lange her. Nun hege er "Mitleid" mit ihm. Nach der Einvernahme eines Lehman-Brothers-Bankers per Videoschaltung nach London steht nun eine sechswöchige Sommerpause an. Ab 10. September wird weiterverhandelt. (gra, APA, 25.7.2019)