Peter Sellars inszeniert "Idomeneo" und hält die Salzburger Festrede.

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Frisurentechnisch betrachtet drängt sich die Vermutung auf, Peter Sellars würde seit Jahrzehnten von einem Energiekonzern gesponsert. Seine dynamisch Richtung Himmel drängenden Strähnen lassen schließlich annehmen, der Mann würde Kraft an Steckdosen tanken. Die Spekulation könnte falscher nicht sein. Zwar ist der 1957 in Pittsburgh geborene US-Regisseur ein Energiebündel. Seine heiter-vitale Art wird jedoch vor allem aus einer an Zeitthemen sich entzündenden Kreativität gespeist.

Sellars, der bei den Salzburger Festspielen bereits in der Erneuerungsära eines Gerard Mortier mit Olivier Messiaens Saint François d’Assise und später mit Kaija Saariahos L'amour de loin Regieglanzlichter setzte, ist schlicht ein engagierter Zeitgenosse. Auch Mozarts Opern hat der Humanist immer wieder ins Verhältnis zu Gegenwartsproblemen gestellt.

Bereits in den 1980ern zeigte Sellars als Theaterleiter der Boston Shakespeare Company diesbezüglich Originalität, die sich herumsprach. 2006, also zu Mozarts 250. Geburtstag, wurde Sellars in Wien gebeten, im Rahmen des Amadé gewidmeten Jahres das New Crowned Hope-Festival auszurichten. Auch heuer lässt ihn Wolferl nicht los.

Mahnung vor der Katastrophe

Idomeneo, die Oper, die auch vom zornigen Meer handelt, interpretiert er in Hinblick auf den Klimawandel und im Sinne einer Mahnung, Verantwortung zu übernehmen, damit eine nahende Katastrophe verhindert wird.

Sellars fällt es dabei nicht schwer, Verbündete zu finden. Selbst der eigenwillige Dirigent der Idomeneo-Produktion, Teodor Currentzis, ist hin und weg. "Peter setzt auf Kommunikation, führt uns alle zu Problemlösungen und setzt dabei mit einer enormen Energie auf Humanität. Es ist ein Privileg, mit ihm zu arbeiten."

Kommunikation ist für Sellars ein Schlüsselbegriff, auch was das Lösen der Klimathematik anbelangt. Der Regisseur fordert für das globale Problem schlicht eine neue Form der Verständigung. "Wir müssen uns dabei über alle politischen und ethnischen Trennlinien hinwegsetzen."

Noch 15 Jahre für eine Änderung

Sein Engagement wird er am Samstag auch als Eröffnungsredner der Festspiele demonstrieren. Dabei dürfte der heitere Kreative durchaus ernst rüberkommen. Seiner Meinung nach hätten wir nur noch "15 Jahre, um uns grundlegend zu ändern". Auch sieht er die Welt im Rückwärtsgang und "voll von Diktatoren". Allein schon deshalb ist es kein Wunder, dass ihm die Haare zu Berge stehen. (Ljubiša Tošić, 26.7.2019)