Werden wir die Menschheit vor den Folgen der Klimakrise retten, wenn wir T-Shirts aus Bio-Baumwolle kaufen, nicht mehr fliegen, nur noch einmal in der Woche Fleisch essen oder niemals wieder ein Plastiksackerl kaufen? Nein. Diese teilweise kurzfristigen Konsumentscheidungen und Lifestyleänderungen alleine helfen wenig.

Ein historisches Beispiel: Am 30. April 1995 enterten zwei Greenpeace-Aktivisten die Plattform des schwimmenden Shell-Öltanks Brent Spar und wurden vor laufenden Kameras unter Wasserwerferbeschuss gewaltsam vertrieben. Die medienwirksamen Bilder der Aktion zeigten Wirkung: In deutschen Großstädten brach der Umsatz des Ölriesen kurzzeitig um 50 Prozent ein, in Österreich gab es im Juni 1995 Einbußen zwischen zehn und 15 Prozent, der Aktienkurs des Ölmultis ging nach unten. Die damalige deutsche Umweltministerin Angela Merkel sprach sich gegen die geplante Versenkung aus. Shell gab nach, der Aktienkurs und das Image erholten sich schnell.

Konsumenten sind auf das Angebot alternativer Verpackungen angewiesen.
Foto: APA/Sebastian Kahnert

Die Greenpeace-Aktivisten gerieten hingegen unter Beschuss. Die härteste und im Nachhinein sehr hellsichtige Kritik kam vom renommierten Wissenschaftsjournal "Nature". Die Aktionen rund um Brent Spar und ähnliche Kleinereignisse würden den Blick auf die größeren und wichtigeren Probleme versperren: die Vermüllung der Ozeane und die Überfischung. Das sind Probleme, die sich seit 1995 drastisch verschärft haben und lange Zeit kein politisches Breitenthema waren.

Entschärfung der Klimakrise

Zur Tankstelle der Konkurrenz zu fahren bringt letztendlich langfristig genauso wenig wie der Verzicht aufs Plastiksackerl. Das heißt nicht, dass nicht auch kleine Konsumentscheidungen etwas zur Entschärfung der Klimakrise beitragen können. Doch schlussendlich bleiben wir in unserer Rolle als Konsumenten lediglich auf Alternativen angewiesen. Diese werden uns von Unternehmen, die auch in Zukuft gut wirtschaften wollen, bereitwillig angeboten. Anstelle von Shampoo in der Plastikflasche kann man Kosmetik etwa auch nachfüllen lassen. Doch die Transportwege und ihr CO2-Ausstoß oder die unfairen Produktionbedingungen bleiben trotzdem bestehen.

Agieren wir weiter lediglich als (bewusste) Konsumenten, kommt viel zu wenig viel zu langsam in Bewegung. Wir selbst müssen als politische Bürger in Bewegung kommen. Parallel zur Lifestylisierung des Klimathemas muss auch eine massive Politisierung stattfinden. Das beginnt im Kleinen mit dem Druck auf politische Vertreter und Entscheider in der eigenen Gemeinde. Sie müssen das Thema ins Zentrum ihre Handelns rücken und Geld in die Hand nehmen, das anderswo fehlen wird. Unbequeme Entscheidungen auf höheren Ebenen, wie etwa eine C02-Steuer, müssen mit größerer Vehemenz eingefordert werden. Will man die Klimakrise schließlich auch im ganz Großen politisch denken, müssen am Ende unsere Fixierung aufs Wachstum und die Frage der ungerechten globalen Ressourcenverteilung hinterfragt werden. Das alles wird allerdings nicht so einfach, schmerzlos und leicht vonstattengehen wie der Wechsel der Shampoo-Marke. (Olivera Stajic, 27.7.2019)