Der einstige Novomatic-Chef legte Scheinrechnungen, deren Beträge beim BZÖ Steiermark landeten.

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Diplomatisch ausgedrückt lässt sich sagen, dass die Glücksspielbranche weltweit ein gewisses Potenzial dafür besitzt, merkwürdige Vorgänge im Umfeld der Politik auszulösen. Noch diplomatischer könnte man es wie die Korruptionsstaatsanwaltschaft formulieren: Man dürfe nicht verkennen, "dass der Novomatic-Konzern Interesse an einer politischen Unterstützung im Zusammenhang mit das Glücksspiel betreffenden Regelungen hatte".

Scheinrechnungen

Wie diese Unterstützung teilweise erlangt werden sollte, zeigten Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Der einstige Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt, der das Unternehmen 2014 überraschend verließ, gab gegenüber den Ermittlern zu, die Zahlung von Scheinrechnungen veranlasst zu haben. Diese wurden von einer Tochterfirma der Novomatic bezahlt, und zwar an den Lokalbetreiber Peter Barthold. Der leitete den Betrag wiederum an Hallo Graz weiter, das Magazin des BZÖ Steiermark – als "Druckkostenbeitrag". Gegenleistung, etwa in Form eines Inserats, gab es laut Barthold keine.

In der Folge passierte trotz dieses Funds der WKStA: nichts. Zwar sind die Ermittlungen gegen den Ex-Novomatic-Chef formell noch nicht eingestellt, eine Anklage lässt jedoch auf sich warten. Sie dürfte auch nicht besonders wahrscheinlich sein, wie aus Unterlagen der WKStA hervorgeht.

Dort heißt es etwa, man glaube Ex-Novomatic-Chef Wohlfahrt, wenn dieser meine, er habe mit den Scheinrechnungen seinem "langjährigen, guten und für den Konzern wichtigen Geschäftspartner Peter Barthold helfen" wollen, der dem BZÖ ein Inserat versprochen habe, aber in Zahlungsschwierigkeiten steckte. Das bestreitet Barthold allerdings – und eine externe Gutachterin, die von der WKStA beigezogen wurde, gibt ihm recht. Barthold, einstiger Rapid-Tormann und Betreiber mehrerer Lokale mit Glücksspielautomaten, hätte den Betrag problemlos selbst zahlen können.

Als entlastend für den Vorwurf der Parteienfinanzierung sieht die WKStA auch, dass das Geld erst eine Woche nach den steirischen Landtagswahlen beim BZÖ Steiermark eintraf.

Die ganze Causa hängt mit den nun eingestellten Ermittlungen gegen den einstigen BZÖ-Chef Peter Westenthaler zusammen, der laut Zeugenaussagen in den Geldfluss an das BZÖ-Magazin involviert gewesen sein soll.

Die ursprünglichen Vorwürfe gegen Westenthaler gingen noch viel weiter: Barthold soll als Zwischenstation für Zahlungen der Novomatic an Westenthaler gedient haben. Das behauptet Barthold auch weiterhin, selbst wenn die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Westenthaler eingestellt hat.

Widersprüchliche Aussagen?

Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper, die sich intensiv mit der Causa beschäftigt und dazu mehrere parlamentarische Anfragen eingebracht hat, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Westenthaler als Beschuldigter und als Zeuge jeweils gegensätzliche Dinge gesagt habe: nämlich zuerst, dass er mit Barthold gemeinsam gewettet habe, dann, dass er nie mit ihm gewettet habe. Westenthalers Anwalt sagt hingegen, dass es keine Widersprüche gebe, weshalb die WKStA auch Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage eingestellt habe. Nun laufen vor allem Ermittlungen gegen Barthold selbst. Der wollte eigentlich als Whistleblower auftreten. Jetzt wirft ihm der "Automatenjäger" Gert Schmidt, dessen Firma von Krisper in ihrer Anfrage als "Schutzpatronin der Novomatic" bezeichnet wird, eine Erpressung des Glücksspielkonzerns vor. Von dieser will Schmidt "zufällig" erfahren haben. Das beantwortete wiederum Barthold mit einer Verleumdungsklage gegen Schmid.

Krisper moniert, dass man "in politiknahen Verfahren immer wieder massive Unstimmigkeiten sieht". Selbst wenn an sich Offensichtliches am Tisch liege, erlebe man Verzögerungen, Einstellungen oder – im Extremfall – trotz aller Indizien gar keine Ermittlungen, so Krisper. Unverständlich sei für sie auch, dass das Verfahren innerhalb der WKStA plötzlich von Wien nach Innsbruck verlegt wurde.

In diese Kerbe schlägt auch Peter Pilz. "Die Verlegung ist der Schlüssel zur Geschichte", sagt Pilz. "Mein Eindruck verstärkt sich, dass gewisse Gruppen außerhalb des Gesetzes stehen", so Pilz. Auch Barthold vermutet Interventionen – er weist auf die gemeinsame Vergangenheit von Ex-Minister Josef Moser und Peter Westenthaler hin. Moser weist das prompt "auf das Schärfste zurück". In der Causa wurden mehrere Vorhabensberichte von Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium abgenickt.

Für Peter Pilz können sich "Ibiza-Firmen" mehr erlauben. Auch der grüne Klubobmann in Wien, David Ellensohn, spricht davon, dass er "Strache nicht oft, aber das geglaubt habe": nämlich, dass die Novomatic "alle zahle", wie Strache im heimlich aufgenommenen Clip 2017 behauptete. Das dementierte der Konzern prompt.

Hinweise auf Interventionen

Kurz nach dem Erscheinen des Videos im Mai 2019 tauchte dann wieder Gert Schmidt auf der Bühne auf, um sich auf die Suche nach den Hintermännern des Videos zu machen. Gleichzeitig wurden FPÖ-nahe Vereine publik, die im Umfeld der Glücksspielbranche angesiedelt waren. Derzeit laufen Ermittlungen der WKStA auch zu diesen Strängen. Außerdem gab es Indizien auf eine Intervention der FPÖ, um ihren Bezirksrat Peter Sidlo in den Aufsichtsrat der Casinos Austria AG (Casag) zu hieven. An der Casag ist auch die Novomatic beteiligt, deren Chef Harald Neumann bezeichnete Interventionsvorwürfe als "absurd".

"Wo Millionen fließen, ist Korruption meist nicht weit", sagt Ellensohn – und tut etwas Ungewöhnliches: Er lobt die politische Konkurrentin Stephanie Krisper für ihre Novomatic-Arbeit: "Den Mut muss man einmal haben." (Fabian Schmid, 26.7.2019)