Wir erleben ein Déjà-vu. Im Sommer 2017 kämpfte die ÖVP unter Sebastian Kurz um den ersten Platz bei der vorgezogenen Nationalratswahl im Herbst, und sie versprach, die grassierende Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen. Zwei Jahre später wählt das Land erneut, und die ÖVP verspricht dasselbe gleich noch einmal. Wie praktisch: Den Gesetzesentwurf dafür gibt es schon. Er war wegen der darin enthaltenen höheren Strafen massiv kritisiert worden – nicht zuletzt von jenen Juristen der Strafrecht-Taskforce, deren Expertise die Regierung eigentlich in die Reform einfließen lassen wollte.

Chronische Gewalt findet im Verborgenen statt.
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Auch der aktuelle Justizminister hat ernste Bedenken geäußert. ÖVP und FPÖ nehmen darauf keine Rücksicht: Sie pressen das Gesetz noch vor der Wahl durch, um es für den Stimmenfang zu nutzen – denn da sind sich schließlich alle einig: Gewalt gegen Frauen und Kinder ist tabu.

Zumindest in der Theorie. In der Praxis ist dieses Tabu tragischer Alltag zahlreicher Frauen. Frauenhäuser sind überfüllt mit Akutfällen, die chronische Gewalt in den Wohnungen findet im Verborgenen statt. Umso wichtiger wäre es, in Prävention zu investieren. Doch jene Einrichtungen, die den Betroffenen Schutz bieten, und jene Stellen, die den Gewalttätern helfen, ihr Verhaltensmuster zu verändern, sind chronisch unterfinanziert. Wer es wirklich ernst meint mit dem Gewaltschutz, darf denen, die an der Front dafür kämpfen, nicht auch noch Steine in den Weg legen. (Maria Sterkl, 30.7.2019)