Mit fünf Festplatten marschierte der damalige Kanzleramtsmitarbeiter zur Firma Reisswolf.

Foto: apa / herbert neubauer

Wien – Die Ungereimtheiten in der Affäre rund um geschredderte Festplatten im Bundeskanzleramt unter Sebastian Kurz (ÖVP) gehen weiter. Wie ein aufmerksamer Leser dem STANDARD mitgeteilt hat, passt nämlich eine der Festplatten nicht zu den übrigen.

Das geht aus den Seriennummern hervor: Drei der Seriennummern, die auf dem Vernichtungsprotokoll der Firma Reisswolf vermerkt sind, gehören demnach zu Toshiba-Festplatten, die üblicherweise nicht an Privatverbraucher verkauft werden, sondern weiterverbaut werden – etwa in Druckern oder Laptops.

Vierte Seriennummer gehört zu Western-Digital-Festplatte

Die vierte Seriennummer gehört allerdings zu einer Festplatte der Marke Western Digital – sie ist explizit für Laptops gebaut. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie auch in Druckern eingesetzt wird. Jedenfalls ist sie im Unterschied zu den Toshiba-Platten leicht für Endverbraucher zu bestellen. Die ÖVP hat seit Aufkommen der Schredder-Affäre beteuert, dass ausschließlich Druckerfestplatten zerstört wurden.

Die Erkenntnis, dass sich die Festplatte eines anderen Herstellers unter den zerstörten Datenträgern befindet, ist dem Auge fürs Detail des STANDARD-Lesers zu verdanken: Im "Falter"-Bericht über die "Aktion Reisswolf" war diese Seriennummer falsch wiedergegeben – statt einer 0 an letzter Stelle steht dort ein Q. Mit der richtigen Seriennummer ist auch die Festplatte zu finden.

Bundeskanzleramt schweigt

Das Bundeskanzleramt will sich an der Aufklärung nicht beteiligen: Die Anfrage, welche Druckermodelle denn im Kabinettsbüro am Ballhausplatz verwendet werden, blieb unbeantwortet.

Mysteriös bleibt die fünfte Seriennummer vom Reisswolf-Vernichtungsprotokoll: M21JLXPJ. Sie ist nirgends zu finden und wurde wohl falsch oder unvollständig abgeschrieben. Auch die ÖVP weiß nicht mehr darüber, wie ein Sprecher auf Nachfrage erklärt. Ihr Wissensstand gründe sich auf der Aussage ihres Mitarbeiters bei der Polizei, dass er fünf Druckerspeicher aus Multifunktionsgeräten vernichten ließ. Der Mitarbeiter ist derzeit beurlaubt. (Sebastian Fellner, 30.7.2019)