In Österreich schätzen mehr als zwei Drittel der Bevölkerung die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Im Juli 2019 übernahm Johanna Mikl-Leitner den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz von Peter Kaiser.

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Seit vielen Jahren fordern Expertinnen und Experten aus Politik und Wissenschaft eine Reform des österreichischen Föderalismus. Der Föderalismus stellt ein zentrales politisches Thema dar, da er durch die Aufteilung der staatlichen Aufgaben zwischen Bund und Bundesländern das Zusammenspiel der politischen Ebenen regelt. Die ehemalige türkis-blaue Regierung hatte Maßnahmen im Rahmen einer Verwaltungsreform geplant. Das Thema ist jedoch aufgrund der bundespolitischen Entwicklungen der letzten Monate in den Hintergrund gerückt.

Der Föderalismus in Österreich ist – im Vergleich zu Deutschland oder den USA – weniger stark ausgeprägt. Das Bundesverfassungsgesetz ordnet alle Kompetenzen, die nicht ausdrücklich dem Bund zugeschrieben werden, den Bundesländern zu. Dies klingt nach umfangreichen Zuständigkeiten der Bundesländer, dem Bund werden jedoch sehr viele wichtige Kompetenzen explizit zugewiesen. Auch wenn die Bundesländer de facto eine wichtige Rolle spielen – beispielsweise durch die hohe Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit "ihren" Bundesländern, die Autonomie von Landesparteiorganisationen oder den Einfluss der Landeshauptleutekonferenz –, findet sich somit ein Kompetenzübergewicht aufseiten des Bundes.

Widersprüchliche Meinungen zu Föderalismusreform

Die vor kurzem veröffentlichte dritte Welle des Demokratieradars befasst sich mit den Einstellungen der österreichischen Bürgerinnen und Bürger zum Föderalismus. Im Zuge dessen wurden zwischen März und April 4.500 Personen befragt. Die Studie zeigt die positive Wahrnehmung des Föderalismus durch die Österreicherinnen und Österreicher: Mit 65 Prozent halten mehr als zwei Drittel der Befragten die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Bundesländern grundsätzlich für sinnvoll. Jedoch sieht auch rund ein Drittel der Befragten (27 Prozent) den österreichischen Föderalismus eher negativ.

Während ungefähr ein Drittel der Befragten (29 Prozent) die Aufteilung der Kompetenzen in der derzeitigen Form beibehalten möchte, sprechen sich 60 Prozent für eine Reform aus. Es herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, wie diese aussehen soll: 30 Prozent und somit ein Drittel der Befragten sprechen sich dafür aus, dass dem Bund noch mehr Kompetenzen zugewiesen werden als bisher. Sieben Prozent von ihnen möchten sogar alle Zuständigkeiten in der Hand des Bundes sehen. Dem gegenüber steht wiederum ein Drittel der Befragten mit ebenfalls 30 Prozent, das mehr Kompetenzen bei den Bundesländern sehen möchte. Drei Prozent dieser Befragten möchten sogar alle Aufgabenbereiche durch die Bundesländer regeln lassen.

Auch wenn das Grundprinzip des Föderalismus in Österreich wenig umstritten ist, weisen die Daten doch auf eine gewisse Reformbedürftigkeit des Föderalismus aus der Sicht der Bevölkerung hin. Dabei geht es bei einer sinnvollen Reform des Föderalismus natürlich nicht nur um ein Mehr oder Weniger an Zuständigkeiten. Wichtig wäre auch eine Reorganisation der konkreten Aufgabenbereiche.

Diskutieren ließe sich in diesem Zusammenhang beispielsweise die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik oder die bisherige Einhebung von Steuern und Abgaben fast ausschließlich durch den Bund. Was für ein schwieriges Unterfangen eine gelungene Föderalismusreform darstellt, haben jedoch die bereits getätigten Reformversuche in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt. (Andrea Tony Hermann, 20.7.2019)