Das Projekt in Slazburg soll die Lücke im österreichischen Hochspannungsleitungsnetz schließen.

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Brüssel/Salzburg – Die EU-Kommission hat am vergangenen Donnerstag entschieden, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich einzuleiten. Für die geplante 380-kV-Stromleitung durch Salzburg habe die nach EU-Recht zwingend vorgeschriebene Strategische Umweltprüfung (SUP) nicht stattgefunden. Brüssel gibt damit einer Beschwerde der Anrainergemeinden Koppl und Eugendorf aus dem Mai 2014 statt.

Der Rechtsanwalt der beiden Flachgauer Kommunen, Adolf Concin, bestätigte am Dienstag Berichte von Salzburger Medien. "Aus Sicht der EU-Kommission liegt ganz klar ein Verstoß von Österreich gegen Unionsrecht vor." Für Netzentwicklungspläne aller Art sei seit dem Jahr 2001 eine SUP notwendig, um die Umweltauswirkungen von "Plänen und Programmen" zu prüfen.

"Österreich hat die entsprechende Richtlinie in den meisten Bereichen auch in innerösterreichische Gesetze umgesetzt. Im Energiesektor ist das aber unterblieben", sagte Concin. Betroffen seien etwa die heimischen Gesetze für die Strom- und Gasversorgung.

Republik hat zwei Monate Zeit für Stellungnahme

Im Falle der 380-kV-Leitung hätte die SUP vor der (später auch durchgeführten) Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) stattfinden müssen, was nicht passiert sei. Die beiden Anrainergemeinden im Flachgau hätten diesen Missstand seit Jahren aufgezeigt, so Concin. Die Republik habe nun zwei Monate Zeit für eine Stellungnahme. "Wenn Österreich die Kommission von seiner Position nicht überzeugen kann oder nicht freiwillig seinen bisherigen Standpunkt aufgibt, droht der Republik eine Klage beim Europäischen Gerichtshof."

Der Betreiber der geplanten 380-kV-Leitung, die Austrian Power Grid (APG), sieht freilich keinerlei Auswirkungen durch die aktuelle Entscheidung der EU-Kommission, selbst wenn der EuGH eine Pflicht zur Vorprüfung feststellen sollte. "Laut derzeitiger Gesetzeslage gibt es für den Netzentwicklungsplan keine Strategische Umweltprüfung", sagte APG-Projektleiter Wolfgang Hafner zur APA. "Es gibt auch keine Sperrwirkung." Außerdem sei die Umweltverträglichkeitsprüfung positiv für die Leitungsbetreiber ausgegangen und seit dem 5. März auch rechtskräftig.

Lückenschluss für Ringleitung

Die Salzburg-Leitung ist der Lückenschluss im 380-kV-Ring in Österreich. Die geplante Freileitung verläuft zwischen Elixhausen (Flachgau) und Kaprun (Pinzgau) und ist 113 Kilometer lang. Im Gegenzug zur Errichtung der neuen Leitung werden rund 193 Kilometer an bestehenden 110- und 220-kV-Leitungen abgebaut. Das Investitionsvolumen für die Leitung beläuft sich laut APG auf rund 800 Mio. Euro.

Im März 2019 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerden gegen das Großprojekt und den positiven Baubescheid des Landes abgewiesen, allerdings eine Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ermöglicht. Die Gemeinden Koppl und Eugendorf und zwei lokale Bürgerinitiativen brachten darauf auch Rechtsmittel ein. Allerdings wurden die Anträge auf aufschiebende Wirkung gegen das Großprojekt abgewiesen. Damit ist ein Baubeginn auch vor der Entscheidung des Höchstgerichts möglich.

Die APG will im Herbst parallel in sechs Baulosen mit den Arbeiten beginnen. Wie Hafner zur APA sagte, laufen derzeit die letzten Vorbereitungen, zudem sei man in den finalen Runden der Auftragsvergaben. (APA, 30.7.2019)