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Festnahme in Moskau.

Foto: REUTERS/Shamil Zhumatov

Moskau – Nach der Großkundgebung in Moskau mit knapp 1.400 Festnahmen hat die russische Justiz am Dienstag eine Untersuchung wegen "Massenunruhen" eingeleitet und die Opposition vor neuen Protesten gewarnt. Die Ermittlungen richten sich nach Behördenangaben sowohl gegen die Organisatoren als auch die Teilnehmer der Demonstration und könnten zu Verurteilungen zu bis zu 15 Jahren Haft führen.

Vize-Generalstaatsanwalt Aleksander Buksman kündigte mit Blick auf weitere Kundgebungen der Opposition ein hartes Eingreifen an. Für das Wochenende sind erneut Proteste geplant.

Bis zu 15 Jahre Haft

Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees hatten mehrere Verdächtige am Vorabend der nicht genehmigten Demonstration am vergangenen Samstag im Internet Aufrufe zur Teilnahme verbreitet. In diesen hätten sie die Möglichkeit von "Massenunruhen" eingeräumt, die in Russland mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden können.

Die Ermittler warfen den Demonstranten zudem eine Störung der öffentlichen Ordnung und Gewalt gegen Sicherheitskräfte bei der Kundgebung am Samstag vor. Zudem hätten sie eine Absperrung der Polizei auf der Ringautobahn um Moskau durchbrochen und den Verkehr behindert.

1400 Menschen festgenommen

Laut offiziellen Angaben hatten am Samstag rund 3.500 Menschen an der Demonstration für freie Kommunalwahlen in Moskau teilgenommen. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD-Info wurden dabei knapp 1400 Menschen festgenommen. Die Proteste richteten sich gegen den Ausschluss zahlreicher Oppositionskandidaten von der Kommunalwahl. Das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Teilnehmer der nicht genehmigten Kundgebung stieß international auf Kritik. Die EU und die USA verurteilten den Polizeieinsatz als "unverhältnismäßig". Auch Außenminister Alexander Schallenberg erklärte am Montag via Twitter: "Der Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten in Moskau und über 1.000 Festnahmen, darunter Journalisten & Oppositionspolitiker, sind unverhältnismäßig und unvertretbar".

Die russische Staatsanwaltschaft warnte die Opposition am Dienstag vor weiteren nicht genehmigten Demonstrationen. Die Justiz müsse "mit Härte gegen die Organisatoren und Teilnehmer illegaler und nicht genehmigter Kundgebungen" vorgehen, sagte Vize-Generalstaatsanwalt Buksman der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.

Generalstaatsanwalt Juri Tschaika verlangte "effiziente Kontrollmaßnahmen" vor und während der Moskauer Kommunalwahl Anfang September. Es müsse insbesondere verhindert werden, dass sich Vorkommnisse wie am Wochenende wiederholten.

Polizeieinsatz "angemessen"

Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin warf den Regierungsgegnern vor, für kommenden Samstag eine "neue Provokation" vorzubereiten. Den Polizeieinsatz am vergangenen Wochenende nannte er "angemessen".

Die Opposition will ihre Anhänger am Samstag zu neuen Protesten mobilisieren. Die Organisatoren konnten sich bisher aber nicht mit den Behörden auf den Ort der Kundgebung einigen. Ihnen droht daher erneut ein Demonstrationsverbot. Einer der Unterhändler der Opposition, Michail Swetow, wurde nach den ergebnislosen Gesprächen mit der Stadtverwaltung am Dienstag festgenommen.

Gegen etwa 60 festgenommene Teilnehmer der Kundgebung am Wochenende wurde inzwischen Untersuchungshaft angeordnet. Mehr als 160 Teilnehmer wurden zu Geldstrafen verurteilt. Auch mehrere Oppositionspolitiker sitzen derzeit im Gefängnis.

Der prominente Kreml-Kritiker Alexej Nawalny verbüßt eine 30-tägige Haftstrafe, weil er zu nicht genehmigten Protesten aufgerufen hatte. Der 43-Jährige, der am Sonntag vorübergehend in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, wurde nach eigenen Angaben womöglich im Gefängnis vergiftet. Die Haftstrafe für den Moskauer Oppositionspolitiker Ilja Jaschin wurde am Dienstag auf 20 Tage verdoppelt. Der Oppositionskandidat Dmitri Gudkow muss für 30 Tage ins Gefängnis. (APA, AFP, 30.7.2019)