Hat nun ein Wilderer den Wolf erlegt, der selbst wehrlose Almschafe gewildert hatte? Ein Tiroler Sommerkrimi, dessen letzter Akt noch aussteht.

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Innsbruck/Sellrain – Am Dienstagnachmittag machte ein Schwammerlsucher im Sellrain eine grausige Entdeckung. Er fand den kopflosen Kadaver eines Tieres, das aller Wahrscheinlichkeit nach ein Wolf war.

Diesen Verdacht äußerte am Mittwoch Martin Janovsky, Tirols Beauftragter für große Beutegreifer. Wie erste Untersuchungen ergeben haben, weißt der "wolfsähnliche Kadaver" eine schwere Schussverletzung im Bauchraum auf, die aber nicht zum unmittelbaren Verenden des Tieres geführt haben dürfte. Zudem wurde der Kopf abgetrennt, was die Vermutung nahelege, dass er als Trophäe mitgenommen worden sein könnte. Derzeit wird eine DNA-Analyse durchgeführt.

Schafe von Wolf gerissen

Fälle toter Schafe hatten für Aufregung gesorgt, und bei einigen konnte bereits ein Wolf als "Täter" ermittelt werden. Nun wurde bekannt, dass auch zwei weitere aufgefundene Schafe Wolfsrisse waren. In beiden Fällen stammt die DNA von einem Tier, das der italienischen Population zuzurechnen ist, heißt es.

Ob das diese Woche erschossen aufgefundene Tier, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um einen Wolf handelt, dafür "verantwortlich" ist, ist indes weiter unklar. "Die aufwendige Untersuchung wird noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen", erklärt Janovsky.

Polizei ermittelt gegen unbekannt

Der gefundene Kadaver des mutmaßlichen Wolfes wiegt rund 32 Kilogramm, das Tier dürfte vor zwei bis drei Tagen getötet worden sein. Die Polizei ermittelt bereits gegen unbekannt wegen mehrer Straftatbestände und Verwaltungsübertretungen. So stehen neben dem Eingriff in fremdes Jagdrecht, also Wilderei, auch der Verdacht der Tierquälerei und Tötung eines besonders geschützten Tieres im Raum. Auch die Staatsanwaltschaft sei bereits informiert worden, bestätigte Gerhard Niederwieser, Bezirkspolizeikommandant in Innsbruck.

Für den Experten Janovsky deute zwar alles auf einen Wolf hin, aber er will erst die endgültigen DNA-Ergebnisse abwarten, bevor er sich festlegt. Denn es gibt durchaus auch Hunderassen, die bewusst wolfsähnlich gezüchtet werden. Dass der Kopf des Tieres fehlt, mache eine sichere Beurteilung allein durch Beschau unmöglich.

Außergewöhnlicher Fall

Sollte tatsächlich ein Wilderer einen Wolf erlegt haben, so ist es der erste derartige Fall in Tirols jüngerer Geschichte. Überhaupt sei es in Österreich bisher kaum zu solchen illegalen Abschüssen besonders geschützter Tiere gekommen, sagt Janovsky. Im Jahr 2017 wurden ein oberösterreichischer Jäger und seine Frau zu je 12.100 Euro Schadenersatz verurteilt, weil sie zwei Luchse geschossen hatten. 2009 sorgte der Fall des in Kärnten gewilderten Bären Roznik, der aus Slowenien stammte, für Aufregung. Trotz jahrelanger Ermittlungen und konkreten Verdachts konnte der Täter allerdings nie ausgeforscht werden.

SPÖ-Chef Georg Dornauers vielkritisiertes Posting, das er mitten in der Diskussion über einen möglichen Bären im Sellrain veröffentlichte.

Die tierische Aufregung hat mittlerweile auch die Tiroler Politik erfasst. So reagierte der grüne Klubobmann im Landtag, Gebi Mair, nach dem Fund des wolfsähnlichen Kadavers mit heftiger Kritik an SPÖ-Landesparteichef Georg Dornauer. Der rote Sellrainer Bürgermeister ist Jäger und sieht in Tirol keinen Platz für die Rückkehr von Bär und Wolf, wie er per Aussendung bekräftigte. Als in der Vorwoche noch ein Bär in der Region vermutet wurde, sorgte Dornauer zudem mit einem Instagram-Posting für Aufregung. Er hat sich am Berg mitsamt Gewehr fotografiert und das Bild mit dem Kommentar "Bärenjagd im Sellraintal" veröffentlicht. Der Grüne Mair beschuldigte Dornauer nun, mit seiner Stimmungsmache den oder die mutmaßlichen Wilderer angestachelt zu haben. (Steffen Arora, red, 31.7.2019)