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Der frühere Chef von Audi, Rupert Stadler, muss vor Gericht.

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Berlin – Rupert Stadler schweigt. Dabei dürfte er in diesem Fall – der sein eigener ist – ausnahmsweise einmal reden. Grundsätzlich hat das Oberlandesgericht München dem einstigen Vorstandsvorsitzenden der Audi AG ein Kontakt- und also auch Sprechverbot auferlegt – "zu sämtlichen Mitbeschuldigten und Zeugen" in dem Ermittlungsverfahren, das gegen ihn spätestens seit Anfang 2017 läuft. Wegen der sogenannten Dieselaffäre.

Nun aber, am letzten Julitag 2019, erhebt die Staatsanwaltschaft München gegen Stadler förmlich Anklage wegen Betrugs, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung. Mit Stadler sollen drei weitere Beschuldigte auf die Anklagebank – unter ihnen wohl der frühere Audi- und Porsche-Manager Wolfgang Hatz.

Manipulation sei bekannt gewesen

Konkret wirft die Anklagebehörde den dreien vor, "Motoren für Fahrzeuge der Marken Audi, VW und Porsche entwickelt zu haben, deren Steuerung mit einer unzulässigen Softwarefunktion ausgestattet war". Für Stadler gilt zudem, "spätestens Ende September 2015 von den Manipulationen Kenntnis gehabt und gleichwohl weiter den Absatz von betroffenen Fahrzeugen der Marken Audi und VW veranlasst bzw. nicht verhindert zu haben".

Schlichter gesagt: Statt umgehend Aufklärung und Ende des Betrugs mit angeblich sauberen Dieselmotoren zu veranlassen, nachdem die US-Umweltbehörde EPA den Tricksern in Ingolstadt und Wolfsburg Mitte September 2015 auf die Schliche gekommen war, habe Stadler dafür gesorgt, dass Audi weiter Motoren und Fahrzeuge mit der betrügerischen Software produzierte und ahnungslosen Kunden verkaufte. Die Staatsanwaltschaft bezieht sich auf mehr als 430.000 Autos von Audi, Porsche und VW.

Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr

Allerspätestens seit Frühling 2018 hält der leitende Ermittler, der Münchner Staatsanwalt Dominik Kieninger, Stadler für eine zentrale Figur in der Dieselaffäre. Schon ein Jahr zuvor hatten Ermittler die Audi-Zentrale in Ingolstadt durchsucht und dort Akten, Computer und Mobiltelefone beschlagnahmt. Ab Ende Mai 2018 führte Kieninger Stadler als Beschuldigten, Anfang Juni ließ er dessen privaten Wohnräume durchsuchen, eine Woche später wurde der Audi-Boss wegen Verdunkelungsgefahr fest- und in Untersuchungshaft genommen.

Der Spiegel berichtete Anfang Juli, wie Stadler in den knapp drei Jahren davor die US-Behörden, das deutsche Kraftfahrtbundesamt (KBA) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorsätzlich getäuscht und sich alle zu Feinden gemacht habe. Etwa zur selben Zeit habe die Staatsanwaltschaft sich eine Überwachung aller Telefonanschlüsse Stadlers genehmigen lassen – und aus einem seiner Gespräche geschlossen, er setze Mitarbeiter unter Druck, die mit den Ermittlern kooperierten.

Im Oktober 2018 entließ der Haftrichter Stadler gegen eine Kaution von drei Millionen Euro aus der U-Haft. VW hatte sich kurz vorher von Stadler getrennt; laut Spiegel gegen eine Abfindung von 6,9 Millionen Euro. Die sei allerdings an den Verlauf und den Ausgang des Strafverfahrens geknüpft. (Cornelie Barthelme, 1.8.2019)