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Andreas Treichl fordert Maßnahmen in Finanzpolitik und Steuergesetzgebung.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Andreas Treichl, Erste-Group-Chef, hat auch in seiner letzten Halbjahres-Pressekonferenz (er geht in Pension) aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. "Wir sind mitten in der Japanisierung Europas", kommentierte er die Zinslandschaft. Japaner seien den Umgang mit Null- und Niedrigzins seit Jahrzehnten gewöhnt, "ich weiß aber nicht, ob wir Europäer so gestrickt sind wie Japaner".

Japaner, die sich in jungen Jahren keinen Wohnraum leisten könnten, lebten jahrelang bescheiden, sparten 20 bis 25 Jahre an, bis sie mit 40 oder 50 genügend Geld auf der Bank haben als Sicherheit für einen Wohnbaukredit, der dann über die nächsten 20 Jahre mit nahezu null Zinsen zurückgezahlt werde.

Politiker sollten endlich thematisieren, dass die Europäer wegen der Zinssituation und ihres Anlegerverhaltens Jahr für Jahr einen massiven Vermögensverlust erlitten. Es brauche Maßnahmen in Finanzpolitik und Steuergesetzgebung, vor allem aber "brauchen wir einen funktionierenden Kapitalmarkt". Andernfalls würde Kapital weiter in Immobilien fließen, "und das ist der Grund, warum sich junge Österreicher keine Wohnung mehr leisten können", kritisierte der Chef der Bank, die in Österreich, Tschechien, Rumänien, Ungarn, Kroatien, Serbien und der Slowakei tätig ist.

Nettogewinn 732 Millionen

Mit dem Halbjahresergebnis ist Treichl zufrieden. Der Nettogewinn erreichte 732 Millionen Euro (nach 774 Mio. im Halbjahr 2018). Und wäre da nicht ein Gerichtsurteil zur Bausparkasse in Rumänien, wäre man beim erhofften Rekordergebnis von 900 Mio. gelandet, und der Börsenkurs wäre am Mittwoch nicht um drei Prozent gesunken, sondern gestiegen, glaubt Treichl.

In Rumänien hat die Bank eine Niederlage vor den Höchstrichtern erlitten und musste daher eine 150,8 Mio. Euro teure Rückstellung in die Bücher nehmen. Man werde aber alles tun, um das Urteil zu bekämpfen, so Treichl, der einen Rückzug aus dem rumänischen Bauspargeschäft nicht ausschloss.

Das Erste-Group-Betriebsergebnis ist um 11,5 Prozent auf den besten Wert seit fünf Jahren gestiegen, der erneuerte Vorstand des Instituts stellte eine Dividende von 1,50 Euro in Aussicht. Gestiegen sind auch Kredite und Einlagen. Die Kernmärkte der Ersten im Osten wachsen stärker als der Westen. Tschechien etwa habe beim BIP pro Kopf das Burgenland schon überholt und werde da bald Kärnten überflügeln, rechnete der Vorstand vor. (gra; APA)