K. arbeitet im Zentrum von Wien und lebt in Krems. Dreimal in der Woche muss er in die Stadt und pendelt mit dem Zug. Den Weg zum Bahnhof erledigt er fast immer zu Fuß, auch wenn er dafür am Abend den Berg raufhatschen muss, den er in der Früh in einer Viertelstunde bergab genommen hat. Mit dem Auto zu fahren – er hätte hierfür sogar derer drei – fällt ihm nicht ein. "Ich fahre nicht gerne in der Stadt, und mit den Parkplätzen ist das auch ein Desaster", meint er. Dass er mit den Öffis deutlich länger braucht als mit dem Auto, macht ihm nichts aus. "Ich nutze die Zeit im Zug, um mich vorzubereiten."

Ein wenig idyllisch stellen sich manche vor, dass man im Zug noch schnell ein paar Arbeiten erledigt. Ein Grund für W., eben nicht mit dem Zug zu pendeln.
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W. ist genau aus diesem Grund vom Zug wieder aufs Auto umgestiegen. "Ich habe schon auf dem Weg in die Firma alles Mögliche erledigt – was dir aber natürlich niemand dankt oder zahlt. Ganz im Gegenteil, wenn der Zug einmal zu spät kam, bekam ich sogar noch Probleme." Jetzt fährt er mit dem Auto, hört sich Nachrichten an, legt Hörbücher auf oder seine Lieblingsmusik. Auch wenn er immer wieder ein paar Minuten im Stau steht, ist er jetzt schneller in der Firma – und vor allem auch eher wieder zu Hause. Die Mehrkosten – neben Sprit und Verschleiß kommen die Gebühren für einen Parkplatz hinzu – nimmt er dafür gerne in Kauf. "Jetzt bleibe ich auf dem Heimweg beim Supermarkt stehen, wenn ich noch etwas brauche. Früher musste ich dafür einen Extraweg machen."

Kinder und Arbeitsweg

G. mag auch Hörbücher. Lieber liest er aber – auf Weg in die Arbeit. Sein Zug, mit dem er viermal in der Woche vom Süden aus nach Graz pendelt, ist aber mitunter so voll, dass das Lesen unmöglich ist, dann setzt er eben die Kopfhörer auf. Nur wenn er ausnahmsweise die Kinder in der Früh irgendwo hinbringen muss, fährt er mit dem Auto gleich bis in die Firma weiter. "Lieber fahre ich schon mit dem Zug. Es ist einfach entspannter, die Intervalle passen gut, und ich habe es dort wie da nicht weit zum Bahnhof."

E. hätte zwar einen Bus, der nur fünf Gehminuten von ihrem Haus wegfahren würde, ist aber noch nie damit gefahren. "Der Bus, den ich nehmen müsste, ist immer gerammelt voll. Bis zum Hauptbahnhof braucht der etwas mehr als eine Stunde, fast genauso lange brauche ich dann noch einmal quer durch Wien bis in die Arbeit. Ich würde also jeden Tag geschlagene vier Stunden mit Pendeln verbringen – so ich den Bus nach Hause überhaupt gleich erwische. Sonst muss ich eine Stunde auf den nächsten warten." Mit dem Auto braucht sie in der Früh keine 45 Minuten, retour geht es sogar deutlich schneller, weil da kaum Verkehr ist. "Ich fahre selten schneller als 100, 110 km/h. Mit 140 wäre ich kaum früher in der Firma." Und so kommt sie mit 4,1 bis 4,5 Litern Diesel auf 100 Kilometer aus. In der Firma leistet sie sich einen Mitarbeiterparkplatz.

So kennt E. die Tangente in der Früh am ehesten. Gut besucht.
Foto: Karl Schöndorfer Toppress

F. tut sich ebenso schwer, mit den Öffis in die Firma zu kommen, hat sich aber, um sein Gewissen zu beruhigen, ein E-Auto zugelegt. "Es geht sich mit der Reichweite alles gut aus, wenn ich es am Abend, wenn ich heimkomme, einstecke. Dann ist der Akku am nächsten Tag wieder voll." Zur Not wäre es ihm auch möglich, in der Firma zu laden. F. könnte nicht sagen, was passieren müsste, damit er auf Öffis umsteigt. "Ich habe keine wirklich passable Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren."

Mitunter sind die Pendlerzüge so voll, dass es keinen einzigen freien Sitzplatz mehr gibt.
Foto: Christian Fischer

Ähnlich unflexibel ist E., wenn sie sagt: "Wenn es mir unmöglich gemacht wird, weil ich mit dem Diesel nicht mehr reinfahren darf oder man mir eine Citymaut aufschlägt, dann suche ich mir einen Job in meiner Umgebung. Auch wenn ich sehr gerne in Wien arbeite, weil die Arbeit da anspruchsvoller ist, ich meine Kollegen sehr mag und die Stadt sowieso."

Was ist Ihre Geschichte?

Wie pendeln Sie in die Arbeit? Besonders interessiert uns, was die Gründe dafür sind, dass sie keine Öffis nutzen oder warum sie gerne Öffis nutzen. Kosten, Zeit, Umwege, Komfort – was überzeugt Sie? Wo wären Sie bereit, Abstriche zu machen? Wie müsste eine Öffi-Verbindung aussehen, was darf ihre Nutzung kosten, damit Sie umsteigen? Wie schlimm muss die Park- oder Verkehrssituation sein, damit Sie das Auto nicht mehr nutzen? Was mögen Sie an den Öffis, was halten Sie gar nicht aus? Und was sagt Ihr ökologisches Gewissen zu Ihrer Entscheidung? (Guido Gluschitsch, 5.8.2019)