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Der Bundestrojaner ist im Anmarsch, um Whatsapp-Kommunikation abzuhören.

Foto: Reuters

Im Jahr 2020 geht es los: Der Bundestrojaner wird dann durch Österreich galoppieren. Die Überwachungssoftware soll zum Teil selbst entwickelt werden. Das bestätigt das Bundesministerium für Inneres (BMI) auf Anfrage des STANDARD. Es beabsichtige, einen dualen Weg zu gehen: "Das bedeutet, dass einerseits die Entwicklung einer eigenen Software in einem multinationalen Verbund und andererseits auch die Anschaffung von kommerziellen Lösungen angestrebt wird", sagt Ressortsprecher Christoph Pölzl.

Europäische Erfahrungen "fließen in Überlegungen ein"

Demnach ist anzunehmen, dass zunächst ein Programm eines internationalen Anbieters gekauft wird, das dann von Beauftragten angepasst beziehungsweise erweitert wird. "Selbstverständlich fließen Erfahrungen, die bereits in anderen europäischen Staaten im Zusammenhang mit der Überwachung von verschlüsselten Nachrichten gemacht wurden, in die Überlegungen und die Ausgestaltung in Österreich ein", heißt es.

Zudem sei geplant, eine unabhängige Untersuchung der Programmarchitektur durchzuführen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Spionagesoftware nur Funktionen anwendet, die gesetzlich vorgesehen sind. Außerdem sollen die mit dem Bundestrojaner durchgeführten Maßnahmen nachvollziehbar sein. Auch wolle man "die berechtigten Sicherheits- und Geheimhaltungsinteressen des Staates berücksichtigen", sagt Pölzl.

BMI: Bundestrojaner ist geheim

Weitere Informationen könnten laut dem BMI nicht beantwortet werden: Der Bundestrojaner wurde vom türkis-blauen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) als geheim eingestuft, demnach gibt es keine Möglichkeit für Antworten auf Detailfragen durch die Öffentlichkeit.

Der Bundestrojaner ist Teil des vor einem Jahr beschlossenen Überwachungspakets, das eine deutliche Ausweitung der Überwachung im öffentlichen und im privaten Bereich gebracht hat. So hat die Polizei Zugriff auf öffentliche Videokameras bekommen, auch wurde das Briefgeheimnis eingeschränkt. Aktuell ist es Thema bei einer Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof, Neos und SPÖ haben eine Beschwerde eingebracht. Am 25. Juni wurde bekannt, dass die Regierung zu dem Zeitpunkt noch keinen Bundestrojaner angekauft hatte.

Verschlüsselte Kommunikation lesen

Der Bundestrojaner soll als Mittel dienen, um verschlüsselte Kommunikation zu knacken. Behörden wollen Messengerdienste wie Whatsapp überwachen, eine Entschlüsselung ist aber viel zu aufwendig: Stattdessen werden daher Sicherheitslücken bei den Programmen ausgenutzt. Diese werden zumeist bei zweifelhaften Unternehmen gekauft – würden die Lecks öffentlich werden, würde der Hersteller des jeweiligen Dienstes sie schließen.

Polizei und Co suchen mitunter nach Möglichkeiten, auf Chats zuzugreifen. Zuletzt wurde etwa bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Korneuburg einen Mobilfunker dazu zwingen wollte, die SIM-Karte eines Users zu duplizieren. Dadurch können Behörden einfach die Handynummer einer Person verwenden. Da Whatsapp keine weitere Verifikation neben der Telefonnummer benötigt, ist es somit möglich, sich als die jeweilige Person auszugeben. Hat der Nutzer zudem Backups aktiviert, können diese wiederhergestellt werden. Das Oberlandesgericht Wien urteilte allerdings, dass diese Methode rechtswidrig ist. (muz, 1.8.2019)