Rekonstruktion von Cambroraster falcatus – "falcatus" deshalb, weil sich Paläontologen von dem Tier an den "Millennium Falcon" erinnert fühlten.
Foto: Lars Fields, Royal Ontario Museum

Der Burgess-Schiefer in den kanadischen Rocky Mountains ist eine der berühmtesten Fossilienlagerstätten der Welt. Diese Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten Sedimentschichten haben der Forschung die Augen für die zuvor ungeahnte Vielfalt geöffnet, die das Leben vor einer halben Milliarde Jahren, im Kambrium, erreicht hatte. Mittlerweile zählen sie zum Weltkulturerbe.

Zu den unzähligen Spezies, von denen man dort bereits Fossilien gefunden hat, gesellt sich nun eine neue: ein Räuber und zugleich ein Riese seiner Zeit – was im kambrischen Kontext freilich auf die heute bescheiden wirkende Länge von 30 Zentimetern hinauslief. Vor 506 Millionen Jahren gab es allerdings noch nicht viele Tiere, die mit solchen Ausmaßen mithalten konnten.

Die Fossilien des Tiers wurden zu Hunderten im Burgess-Schiefer gefunden.
Foto: Jean-Bernard Caron, Royal Ontario Museum

Die im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B" vorgestellte Spezies erhielt die Bezeichnung Cambroraster falcatus und dürfte mit den Gliederfüßern verwandt gewesen sein. Die Forscher um Joe Moysiuk vom Royal Ontario Museum, die hunderte Fossilien dieses Tiers bergen konnten, stellen Cambroraster in die Gruppe der Radiodonta. Diese Tiere waren, soweit man weiß, die ersten großen Räuber in der Geschichte des Lebens. Zu ihnen zählt auch der berühmte Anomalocaris, der paläontologische Geschichte schrieb, weil sein ungewöhnlicher Körperbau erst mit großer Verzögerung entschlüsselt werden konnte.

Die Bezeichnung Radiodonta bezieht sich darauf, dass solche Tiere ein Maul mit kreisförmig angeordneten Hornplatten aufwiesen, die die Rolle von Zähnen ausübten. Das war auch beim nun entdeckten Cambroraster der Fall – auffälliger sind aber andere Körpermerkmale. Dazu zählen etwa zwei Klauen mit Reihen von parallel angeordneten Auswüchsen, die einem Rechen ähneln. Die Forscher vermuten, dass Cambroraster damit auf der Jagd nach Würmern und anderen Kleintieren den Meeresboden buchstäblich durchkämmte.

Mit etwas Fantasie ...

Noch auffälliger war der Panzer des Tiers. Dieser Schutz, der den großen Kopf von Cambroraster überzog, verlieh dem Räuber eine Ähnlichkeit mit heutigen Pfeilschwanzkrebsen. Die Forscher indes fanden eine Parallele im "Star Wars"-Universum – für sie sieht der Kopfpanzer wie Han Solos "Millennium Falcon" aus.

Trotz Größe und Körperbewaffnung dürfte Cambroraster aber nicht der Spitzenprädator seines Lebensraums gewesen sein. Diese Rolle schreiben die Forscher weiterhin seinem Verwandten Anomalocaris zu, der immerhin einen Meter lang wurde und auch seinen kleineren Cousin erbeutet haben könnte. (jdo, 2.8.2019)

Kein heutiges Tier sieht Anomalocaris auch nur annähernd ähnlich. Forscher des South Australian Museum und der University of Adelaide bezeichneten ihn in einer Studie als "ersten Superprädator der Welt".
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