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Wo Mäuse sind, werden es rasch mehr. Alle 21 Tage wirft eine weibliche Maus bis zu sieben Junge.

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Zistersdorf / Wien – Sie ist, rechnet man den Schwanz mit ein, zwischen zwölf und 15 Zentimeter groß und wiegt weniger als fünf Gramm. Sie hat ein gelblich-graues Fell, schwarze Augen und spitze Ohren: Für sich allein genommen ist die Feldmaus (Microtur arvalis) wenig bedrohlich.

In Massen jedoch lehrt das kleine Tier gestandenen Körndl-, Gemüse- und Weinbauern sowie Garten- und Poolbesitzern das Fürchten und Ekeln – etwa wenn allmorgentlich drei bis fünf tote Mäuse aus dem Schwimmbecken vor dem Haus gefischt werden müssen, wie ein Ehepaar aus Hollabrunn dieser Tage schilderte.

"Die Mäuse waren schneller"

Oder wenn der Zistersdorfer Landwirt und ÖVP-Stadtrat Walter Ehm bei der Inspektion seiner Getreideäcker feststellen muss: "Die Mäuse waren schneller." Rund ein Drittel der Ernte hätten sie ihm weggefressen, "bei der Wintergerste sogar noch mehr". Zwar seien die Verluste nicht ganz so groß wie in den vergangenen zwei ausgeprägten Dürrejahren, doch mit dem Reifen der Weintrauben würden die Mäuse von den Feldern auch noch in die Weingärten seiner 110 Hektar großen Mischlandwirtschaft übersiedeln.

Mit dieser Klage steht Ehm in der Region nicht allein da: Im heurigen Jahr herrscht in Teilen des Weinviertels eine außergewöhnlich starke Mäuseplage. Die Nager machen sich über alles her, was der bäuerliche Feldbau hergibt: Getreide und Weinreben, reifende Erdäpfel, Mais, Rüben, und Kürbisse.

Boden voller Mauselöcher

Der Boden sei mit Mäuselöchern zum Teil "versiebt", sagt Manfred Weinhappel von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. In einem solchen Ausmaß habe er das noch nicht gesehen.

Zumindest nicht in den vergangenen zehn Jahren, präzisiert Klaus Hackländer, Säugetierforscher an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. "Die Mauspopulationen wachsen und fallen, im Zuge dieses Auf und Ab kommt es rund einmal pro Jahrzehnt zu einem sogenannten Mäuse-Peak", sagt er.

Warmen Winter überlebt

Grund dafür seien die "Mastjahre", mit warmen Wintern und, später, besonders fruchtreichen Eichen und Buchen in den Wäldern: "So wie zum Beispiel heuer." In solchen Jahren überleben mehr Mäuse als sonst die kalte Jahreszeit und vermehren sich dabei sogar; eine weibliche Maus kann alle drei Wochen sechs bis sieben Junge werfen. Im Frühjahr dann, wenn die ersten Feldfrüchte reifen, beschleunigt sich die Mäusekonjunktur.

Mäusejahre, so Hackländer, gebe es schon seit Urzeiten. Ursache seien die von Sonnenfleckenaktivitäten ausgehenden, vom Menschen unbeeinflussbaren Klimaschwankungen. Die menschengemachte Klimaerwärmung aufgrund des weltweit hohen CO2-Ausstoßes verschärfe das Phänomen.

Dünger auch für die Wälder

Hinzu komme die konventionelle Düngung: Die dabei eingesetzten Stickoxide wirken auch in den Wäldern als Nährstoffe.

Für 2020 rechnet Hackländer mit einem "Einbrechen" der Weinviertler Mäusepopulation durch für sie tödliche Infektionskrankheiten. Für heuer rät Landwirtschaftskämmerer Weinhappel den um ihre Erträge bangenden Landwirten zu "besonders tiefer Bodenbearbeitung", um die Mausbaue zu zerstören und möglichst viele Tiere zu töten.

"Gegen das Tierschutzgesetz"

Bei der Tierschutzorganisation Vier Pfoten protestiert Nutztierexpertin Marlene Kirchner gegen diese Brachialmethode. Sie widerspreche dem österreichischen Tierschutzgesetz. Stattdessen seien "professionelle Schädlingsbekämpfer" zu beauftragen. (Irene Brickner, 2.8.2019)