Knapp 6.000 Arten von Springspinnen hat man bereits gezählt, sie sind weltweit verbreitet.
Foto: Joseph Fuqua II/UC Creative Services

Anstatt geduldig in einem Netz zu sitzen und darauf zu warten, dass sich etwas darin fängt, gehen Springspinnen aktiv auf die Jagd. Zudem laufen sie nicht nur, sondern können ihrem Namen entsprechend beachtliche Sprünge hinlegen, um sich auf Beute zu stürzen, Gefahren aus dem Weg zu gehen oder Hindernisse zu überwinden.

Beides sind Verhaltensweisen, die eine gute optische Orientierung im Raum erfordern – und darum sind Springspinnen auch die Adleraugen der Arachnidenwelt. Ihr Gesichtsfeld umfasst nicht nur annähernd 360 Grad, sie können ihre beiden beweglichen Hauptaugen auch auf ein Ziel fokussieren und dieses räumlich wahrnehmen. Obendrein verfügt zumindest ein Teil dieser Spinnenfamilie nicht nur über drei Arten von Farbrezeptoren wie wir, sondern auch über einen vierten für ultraviolettes Licht.

Gute Augen im Kleinformat

Forscher interessieren sich schon lange dafür, wie ein derart guter Gesichtssinn in ein so kleines Paket wie den Kopf einer Springspinne passt. Insgesamt handelt es sich bei ihnen um Achtbeiner der kleineren Sorte, die Bandbreite reicht von einem Millimeter bis zu maximal zweieinhalb Zentimetern.

Groß und Klein Adlerauge. Die junge Springspinne sieht aber schon fast so gut wie ihre Eltern.
Foto: Daniel Zurek

Frischgeschlüpfte Springspinnen sind aber noch einmal wesentlich kleiner – bis zu einem Hundertstel der Größe eines ausgewachsenen Tiers derselben Art. Und doch verfügen auch diese Jungtiere – im Englischen gibt es dafür das schöne Wort "Spiderlings" – bereits über annähernd gleichwertige Augen wie ihre Eltern.

Spinnen beim Sehtest

US-Forscher sind dem Sehvermögen der Mini-Spinnen nachgegangen, wofür sie erst einmal eigene Mikro-Opthalmoskope bauen mussten, um den Tieren in die Augen blicken zu können. Es zeigte sich, dass frischgeschlüpfte Spinnen bereits über dieselbe Anzahl von Photorezeptoren verfügen wie ausgewachsene – etwa 8.000.

Zwar sind die Augen von Jungspinnen – ganz ähnlich dem Babyschema von Säugetieren – in Proportion zum Körper deutlich größer als bei ausgewachsenen Exemplaren. Das allein würde aber noch nicht ausreichen, um all diese Rezeptoren unterzubringen, berichtet das Team um John Thomas Gote von der Universität Pittsburgh. Es funktioniert nur, weil die Rezeptoren kleiner sind und die Zellen die Form langgestreckter Zylinder haben. Auf diese Weise lassen sie sich dicht an dicht packen und verleihen dem Tier vom Schlupf an gute Sicht.

Nur in einem Punkt sind die dichtgepackten Augen der Babyspinnen noch nicht ganz optimal, sagt Gote: Sie fangen weniger Licht ein als die Augen ausgewachsener Exemplare, was bei schummriger Beleuchtung zum Problem wird. Deshalb bewegen sich die Babyspinnen in der Dämmerung noch nicht mit der springspinnentypischen Zielgenauigkeit, sondern neigen zum Stolpern, "als wären sie ein wenig betrunken". (jdo, 2. 8. 2019)