Wolfsbergs Trainer Gerhard Struber (links) und Stürmer Shon Weissman sind in der Bundesliga angekommen. Der Israeli startete mit zwei Toren und einem blauen Auge.

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Letztes Jahr führte Christian Ilzer den WAC in den Europacup.

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Gerhard Struber widerspricht dem von ihm geschätzten Andreas Herzog zwar nur ungern, aber Israels Teamchef dürfte doch ein bisserl voreilig gewesen sein. Nachdem der Wolfsberger AC zum Saisonstart bei der Admira 3:0 gewonnen hatte, sagte Herzog: "Sie sind extrem stark. Von der Spielanlage und vom Spielaufbau her kommen die heuer sicher wieder unter die ersten vier."

Gute Ausgangslage

Der vierte Platz wäre eine Verschlechterung, der WAC schloss ja als Dritter ab und qualifizierte sich direkt für die Gruppenphase der Europa League. Der 42-jährige Struber ersetzt Erfolgscoach Christian Ilzer, der dem Ruf der Austria nicht widerstehen konnte. Der Erbe hat im Lavanttal quasi ein gemachtes Bett vorgefunden, eine intakte, gefestigte Mannschaft, die weiß, worum es im Fußball geht. Ad Herzog und Admira: "Es war nur eine gute, stabile, saubere Leistung. Das steht im Vordergrund, die Tabelle ist egal."

Struber ist kein Marktschreier, er fühlt sich im Hintergrund wohl. "Ich bin Perfektionist." Er neigt zum "Entdramatisieren. Auf der Welt herrscht ohnedies überall Drama. Fußball bleibt ein Spiel." Der WAC ist sein erstes Engagement im Oberhaus, der Salzburger ist zusätzlich Sportdirektor und somit der eigene Vorgesetzte. "In Wolfsberg sind die Wege kurz."

Salzburger Schule

Geprägt hat ihn Red Bull Salzburg. 2007 ist Struber zu diesem riesigen Apparat gestoßen, er arbeitete in der Nachwuchsakademie, stieg auf, zuletzt war er für den FC Liefering zuständig. 2012 hatte der ehemalige Bundesligaspieler und Meister mit Austria Salzburg den Job bei der Allianz Versicherung gekündigt – ein Wagnis, er wäre wohl zum Landesdirektor aufgestiegen. "Aber mich hat der Fußball fasziniert." Struber ist verheiratet, hat zwei Kinder, die Familie ist in Kuchl geblieben, "Schule wechseln, aus dem Umfeld rausreißen wäre unzumutbar gewesen."

Salzburg entwickelt Fußballer, entwickelt Trainer. Ein beinharter Konkurrenzkampf, Stress pur. "Man wird miteinander verglichen, soll keine Fehler machen. Es wird auf extrem hohem Niveau über Fußball diskutiert." Einige schaffen dann den Sprung in die große, weite Welt – Oliver Glasner via LASK nach Wolfsburg (nur ein Buchstabe Unterschied), Marco Rose landete bei Gladbach. Struber war Teil des Systems, einer von vielen. "Die Scouting-Abteilung ist zum Beispiel Weltklasse."

Das Wagnis

Trotzdem wuchs in ihm das Verlangen, sich zu verändern. Er hörte im Jänner bei Liefering auf. "Man hatte jede Woche sechs andere Spieler zur Verfügung, man konnte Einzelne zwar entwickeln, aber nicht die Mannschaft. Ergebnisse waren nicht so wichtig, weil man nicht aufsteigen darf. Ich wollte raus aus dieser Maschine."

Ilzers Abgang war Strubers Ankunft. Die Gespräche mit WAC-Präsident Dietmar Riegler waren von Übereinstimmung geprägt, Struber unterschieb einen Einjahresvertrag mit Option. Er nahm deutliche Gehaltseinbußen in Kauf. Im Lavanttal wird mit acht Millionen Euro budgetiert, Rapid und die Austria haben rund das Vierfache. Salzburg schmunzelt auch darüber.

Der Tanker

Der WAC, seit acht Jahren erstklassig, funktioniert trotzdem. Wäre er ein Schiff, würde er in ruhigen Gewässern fahren. Wobei sich Struber im Klaren ist: "Es werden Wellen kommen. Da musst du schauen, dass der Tanker nicht beim ersten Gegenwind bricht." Schließlich drohe im September die wunderbare Doppelbelastung namens Europa League. "Das müssen wir klug steuern."

Die Kärntner dürften sich gut verstärkt haben. Der israelische Stürmer Shon Weissman traf gegen die Admira zweimal. Struber setzt auf Weiterentwicklung und Feinarbeit, auf Zusammenhalt und Schulterschluss. Seine Philosophie? "Es geht um die Synchronität, wie wir Bälle gewinnen." Das gemeinsame Bälle-Jagen, das proaktive Spiel seien die Schlüssel zum Erfolg.

"Wir wollen beim Gegner Stress und Chaos auslösen." Zum Beispiel am Sonntag, wenn Sturm kommt. Die Grazer sind in der Europa League an Haugesund gescheitert, in der ersten Runde haben sie St. Pölten 3:0 geschlagen, es trifft also der Erste auf den Ersten. Struber: "Ich schaue nicht auf die Tabelle." (Christian Hackl, 4.8.2019)

Spieldaten:

Wolfsberger AC – SK Sturm Graz (Wolfsberg, Lavanttal-Arena, 17.00 Uhr, SR Muckenhammer) Saisonergebnisse 2018/19: 1:1 (h), 0:3 (a), 2:1 (a), 2:1 (h)

WAC: Kofler – Novak, Rnic, Sollbauer, Schmitz – Schmid, M. Leitgeb, Liendl, Ritzmaier – Weissman, Niangbo

Ersatz: Kuttin – Gölles, Gollner, Peric, Wernitznig, Sprangler, Schmerböck, Schmidt

Es fehlt: Hodzic (im Aufbautraining)

Sturm: Siebenhandl – Sakic, Avlonitis, Spendlhofer, Schrammel – Ljubic, Dominguez – Huspek, Kiteishvili, Jantscher – Balaj/Hosiner

Ersatz: Schützenauer – Koch, Maresic, C. Leitgeb, Lema, Eze, Pink

Es fehlen: Hierländer (im Aufbau), Röcher (Muskelsehnenverletzung im Oberschenkel)