Landespolitik wie aus dem Rendi-Wagner'schen Lehrbuch: Oberwarts Bürgermeister Georg Rosner (VP), Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und SP-Baulandesrat Heinrich Dorner (von links) bespatenstichen Burgenlands 88. Kreisverkehr.

Foto: Bgld. Landesmedienservice

Der Sommer – aus Sentimentalitätsgründen nennen wir die Jetztzeit Sommer und nicht Klimakrise – ist in seine Hundstage gebogen. Selbst die verrücktesten Sonnenanbeter suchen nun nach Platzerln, über die ein Schattenspender wacht. Selbst Zappelphilippe und -philippas schalten in den Ruhemodus. Jetzt kleiden sich alle luftig.

Nur Hofrat Erich Hahnenkamp nicht. Der Leiter des Hauptreferates Sicherheit der burgenländischen Landesregierung und Vizechef der Landeswahlbehörde trotzt mit hohem Standesbewusstsein, Krawatte und geschlossenem Hemdkragen den Temperaturen. Die einzige Konzession, die Hofrat Hahnenkamp an den Sommer macht, ist die Farbe des Sakkos: hellbeige.

Sommerloch

Wenn aber der Hofrat hellbeige trägt, dann erwartet der Nachrichtenschreiber aus Sentimentalitätsgründen, dass nachrichtenbezüglich im Wesentlichen eine Ruh ist, denn dann ist Sommerloch. Da räumen die Politikerinnen und Politiker das Feld und damit den wirklich wichtigen Geschichten endlich Platz ein.

Die über Nessie und ihre Freunde etwa. Sommerloch: Das kommt ja aus dem Gälischen. Und nicht von dem, in das man hineinfallen kann.

Die Hundstaufen

Beinahe vorbildlich hat sich das regierungstechnische Übergangl, das "Expertenkabinett", die – würde Hofrat Hahnenkamp sagen – "Beamtenregierung" diesbezüglich ins Überkommene gefügt. Selbst der hochseriöse STANDARD – allem Allotria ansonsten abhold – rückte da gerne aus nach Bruckneudorf/Királyhida.

Verteidigungsminister Thomas Starlinger hat dorthin nämlich zur hundstägigen Militärhundetaufe geladen. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein war sichtbar entzückt. Familienministerin Ines Stilling nicht minder. Und selbst Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (HPD), der als gewesener Verteidigungsminister eh einige diesbezügliche Routine hat, lachte laut das Herz.

Schnackerlstoßen

Freilich ist leider Wahlkampf auch gerade. Im Burgenland neuerlich doppelt. Während 2017 National- und Kommunalwahlen einander gejagt haben, tun dies nun National- und Landtagswahlen. Letztere wurden im Gefolge von Ibizia ja "vorgezogen". Die SPÖ konnte ihren Wunschtermin Jänner durchdrücken. Koalitionspartner FPÖ, der sich lieber ordnungsgemäß Ende Mai der Wahl gestellt hätte, musste wohl oder übel die Krot schlucken.

Bemerkenswerterweise hat dennoch eher die SPÖ Schnackerl – denn während die Burgenland-FPÖ und die nunmehr von einem Burgenländer geführte Bundes-FPÖ Stein und Bein schwören, dass zwischen sie nicht einmal ein Blatt Papier passen würde, heißt es bei den Roten dies- und jenseits der Leitha, dass zwischen dem blauen Da und Dort mindestens ein siebenbändiges Monumentalwerk passe. (Etwa das von Robert Henry Louis Davy herausgegebene, fürs Werden und Bestehen des Landes so fundamentale "Rechtsarchiv des Burgenlandes".)

Kreisverkehr

Kein Wunder also, dass einer wie Armin Wolf böse in solche Diskrepanzen bohrt. Ob Pamela Rendi-Wagner – so ungefähr fragte er jüngst die SPÖ-Bundesvorsitzende – den Unterschied zwischen dem Pfui der Bundes-FPÖ und dem Hui der pannonischen Blauen klavierspielen könne.

Mit viel föderalem Fingerspitzengefühl griff sie in die Tasten. Auf Bundesebene seien – wenn wir das jetzt richtig verstanden haben – wichtige, ja staatspolitische Aufgaben zu erledigen. Da würden die blauen Schmuddelkinder nur im Weg stehen. Auf Landesebene dagegen sei es eh wurscht, da würden "Kreisverkehre besprochen".

Spatenstich

Gleich am nächsten Morgen – wir mutmaßen, aus dem Sommerloch ins Blaue hinein, dass die SP-Chefin sich genau davon eine gewisse hämische Illustrativkraft erhoffte – rückten der Landeshauptmann und sein Baulandesrat Heinrich Dorner aus, um tatsächlich einen neuen Kreisverkehr zu bespatenstichen.

87 Kreisverkehre gibt es schon im Burgenland (darunter sogar "Turbo-Kreisverkehre"), zwei sind noch in Bau, darunter eben auch der in Oberwart. Der wird die Zufahrt zum neuen Oberwarter Krankenhaus erleichtern.

Denn auch oder gerade das Spitalswesen wird auf der Landesebene besprochen. Durchaus zum Ärger vieler Gesundheitsministerinnen und -minister, wie die gewesene Gesundheitsministerin Rendi-Wagner nur zu gut weiß.

Prinzessin auf der Erbse

Auf die Mehrfachbelastung der pannonischen SPÖ – National- und Landtagswahlen, innerparteiliche Kreisverkehr-Fisimatenz, ein neuer Besen namens HPD – wurde jetzt auch organisatorisch reagiert. Landesgeschäftsführer Christian Dax hat seit dem 1. August einen Kogeschäftsführer, der auch STANDARD-Leserinnen und -Lesern ein Begriff ist. Roland Fürst war ja regelmäßig ein recht streitlustiger Gastkommentator, der gerne seiner Partei die Leviten las.

Im Pannonischen und weit darüber hinaus ist er, was Nils Heisterhagen für die SPD ist: jene Erbse, die eine Prinzessin auch dann nicht und nicht zur Ruhe finden lässt, wenn sie kein Glaskinn haben sollte.

(Einen Prinzen hat Roland Fürst, wenig überraschend, aber auch schon ausgemacht: "Für mich ist Doskozil der Kreisky des 21. Jahrhunderts." )

Eisenstädter Erklärung

Apropos Kreisky: Dieser kam einst aus der Tiefe innerer SPÖ-Zerrüttung. 1966 hatte dieser Zwist direkt in die Opposition geführt. Kreisky übernahm 1967 in einer veritablen Kampfabstimmung die Partei. Zwei Jahre später, im Oktober 1969, folgte mit der "Eisenstädter Erklärung" das sozialdemokratische Gelübde, nie, nie, nie mit den Kommunisten sich gemein machen zu wollen.

Selbst eine Wahlempfehlung der Moskautreuen hat man sich – ein Jahr nach der Niederschlagung des Prager Frühlings – ausdrücklich verbeten.

Ein weiteres Jahr später war Kreisky Bundeskanzler einer von der FPÖ geduldeten Minderheitsregierung.

Fürstliche Aufgabe

Bei der Nationalratswahl 2017 verlor die SPÖ im Burgenland 4,4 Prozentpunkte und kam auf 32,9 Prozent. Die ÖVP legte sechs zu, kam auf 32,8. Bei den heurigen Europawahlen lag die ÖVP – erstmals seit 1966 – vor der Landeshauptmannpartei.

Es ist also noch einiges zu tun für den Roland Fürst und sein Team bis zur Nationalratswahl am 29. September und der Landtagswahl am 26. Jänner nächsten Jahres.

Kellergschicht

Am Freitag um 17 Uhr war einmal Nennschluss für die Landeslisten zur Nationalratswahl. Es hat alles seine Ordnung gehabt. Niemand hat auf den Abgabetermin vergessen, wie es ja schon vorgekommen ist. Auch die KPÖ kandidiert wieder. 2017 kam man im Burgenland auf 0,37 Prozent. Das sind 722 Stimmen.

Hofrat Hahnenkamp hat sein gestrenges Auge auf die Listen geworfen und sie für ausreichend ordentlich befunden.

Dann zog er sein hellbeiges Sakko aus. Und sich in den Keller zurück. Denn das macht der Hofrat ja auch noch. Und zwar wie! (Wolfgang Weisgram, 5.8.2019)