Barclay fordert von seinen Verhandlungspartnern eine neue Verhandlungsposition.

Foto: APA/AFP/BEN STANSALL

London – Die neue britische Regierung hat die EU zum Kurswechsel im Brexit-Streit aufgerufen. Nach der Europawahl vom Mai hätten sich die "politischen Realitäten" geändert, schrieb der britische Brexit-Minister Stephen Barclay in einem Beitrag für die Zeitung "Mail on Sunday". Deshalb müsse die EU auch das Mandat für ihren Brexit-Unterhändler Michel Barnier anpassen.

Neue Abgeordnete

Seit dem letzten Mandat für Barnier sei mehr als die Hälfte der Abgeordneten im Europaparlament ausgetauscht worden. "So eine fundamentale Verschiebung zeigt die Notwendigkeit für eine Veränderung der Herangehensweise", schrieb Barclay. Barnier solle gegenüber den europäischen Staats- und Regierungschefs auf ein neues Mandat drängen, "um auf eine Weise zu verhandeln, die Gemeinsamkeiten mit dem Vereinigten Königreich findet". Andernfalls drohe der ungeregelte Brexit ohne Austrittsvertrag.

Großbritanniens neuer Premierminister Boris Johnson war in der vergangenen Woche als Ergebnis einer internen Abstimmung der Tories an die Partei- und Regierungsspitze gelangt. Er will Großbritannien um jeden Preis am 31. Oktober aus der EU führen – also notfalls auch ohne Ausstiegsabkommen.

Misstrauensvotum gegen Johnson?

Auch ein Misstrauensvotum gegen den neuen britischen Premierminister Boris Johnson ist einem Zeitungsbericht zufolge kein geeignetes Mittel, um einen ungeregelten Brexit zu verhindern. Sollte Johnson im September oder Oktober eine Kampfabstimmung im Parlament verlieren, werde seine Regierung Neuwahlen nach dem 31. Oktober ansetzen und die EU trotzdem verlassen, berichtete der "Sunday Telegraph".

Das Blatt berief sich dabei auf interne Aussagen des Johnson-Beraters Dominic Cummings gegenüber Ministern des Landes. Der Brexit-Hardliner Johnson will die EU Ende Oktober verlassen – notfalls auch ohne Scheidungsabkommen. Das dürfte die Wirtschaft schwer belasten. Das Pfund fiel zuletzt schon auf den niedrigsten Stand seit 30 Monaten. Im britischen Parlament gab es bisher keine Mehrheit für einen No-Deal-Brexit. Einige Parlamentarier aus Johnsons konservativer Partei haben signalisiert, im Zweifel gegen den Premierminister zu stimmen, um einen Chaos-Brexit zu verhindern. (APA, 4.8.2019)