Bild nicht mehr verfügbar.

Die Alphabet-Firma Loon setzt Ballone für zivile Aufgaben ein. Das US-Militär will ähnliches jetzt für Überwachsungszwecke einsetzen.

Foto: REUTERS

Ob China, Russland oder auch in Europa: Staaten haben in den vergangenen Jahren die Überwachung ihrer Bürger massiv ausgebaut. Waren vor nicht allzulanger Zeit Kameras im öffentlichen Raum ein heiß diskutiertes Thema, sind sie längst zum Alltag geworden – und zwar zu einem, der kaum mehr hinterfragt wird. Aktuell drehen sich die Diskussionen bereits darum, ob diese dann auch gleich zur Gesichtserkennung genutzt werden können – eine Art anlasslose und flächendeckende Rasterfahndung also, wie Kritiker warnen.

Ballons

Doch das scheint den staatlichen Überwachern noch nicht weit genug zu gehen, in den USA testet man deswegen gerade die nächste Ausbaustufe der Totalüberwachung. Mithilfe von in der Stratosphäre fliegenden Ballons sollen künftig Erkenntnis über das gesamte Land gewonnen werden, wie der Guardian berichtet. Ausgestattet sind diese Ballons unter anderem mit einem Radar und diversen Kamerasystemen, die Stromversorgung erfolgt via Solarpanels.

Auftraggeber ist das Southern Command (Southcom) des US-Verteidigungsministeriums. Dieses ist vor allem für Geheimdienstoperationen in Süd- und Mittelamerika zuständig, so kümmert man sich etwa um die Bekämpfung des Drogenhandels in diesen Regionen. Aber auch im Katastropheneinsatz spielt das Southcom immer wieder eine Rolle. In der Projektbeschreibung heißt es denn auch, dass man den Drogenhandel bekämpfen aber auch auch allgemein "Bedrohungen für die innere Sicherheit" abwenden wolle. Die Probephase findet nun aber zunächst an einer rund 400 Kilometer langen Teststrecke über Minnesota, Iowa, Wisconsin, Missouri und Illinois statt.

Testlauf

Der aktuelle Test umfasst zunächst 25 Ballons, ist der Versuch erfolgreich, dürfte diese Flotte aber erheblich ausgebaut werden. Immerhin will man Fahrzeugbewegungen flächendeckend erfassen können. Ein Ballon soll mithilfe seines Radars dabei einen Streifen von 40 Kilometer abdecken. Als Kamerasystem greift man auf "Gorgon Stare" zurück, ein von der Sierra Nevada Corporation (SNC) entwickeltes Videoüberwachungssystem mit neun hochauflösenden Kameras. Die Kommunikation erfolgt via Mesh-Netzwerk im Bereich zwischen 2,3 und 9,5 GHz.

Loon-Anklänge

Die Ballons werden hingegen von der Firma Raven Aerostar gefertigt, die auch für die Google-Schwester Loon Ballons fertig. Das Alphabet-Unternehmen setzt seine eigenen Ballons für die Versorgung mit Internet und Mobilfunk ein. Das US-Militär versucht aber nun indirekt von den dabei gesammelten Erkenntnissen zu profitieren. Der Vorteil von Ballonen gegenüber anderen Technologien ist vor allem in ihren langen Flugzeiten zu suchen. So wirbt Raven Aerostar damit, dass die Fluggeräte mehr als ein Monat durchgängig in der Luft bleiben können. Das Pentagon betreibt in dieser Hinsicht übrigens auch eigene Entwicklung: So soll dessen Forschungsinstitut DARPA einen neuartigen Windsensor entwickelt haben, der dabei hilft, dass die Ballons immer die richtigen Windströmungen erreichen.

Kritik

Der aktuelle Probebetrieb läuft bis zum 1. September, danach sollen die Erkenntnisse ausgewertet werden. Von der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) gibt es scharfe Kritik an dem Projekt. Es sei "verstörend", dass der Test über US-Gebiet überhaupt zugelassen wurde, betont Jay Stanleyn von der ACLU. Eine flächendeckende Überwachung ließe viele Schlüsse zu, die aus eine Privatsphärenperspektive hochproblematisch seien. So könnte man etwa auch exakt analysieren, wer in eine gewisse Klinik oder zur Moschee fahre. (apo, 4.8.2019)