Der Züricher Marcel Koller lächelt nun in Basel. Sechs Jahre lang hat er sich in Wien des Lebens erfreut.

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Marcel Koller hat nicht gerade entspannte Wochen hinter sich. Im Juni hatten gut oder schlecht informierte Schweizer Medien seine Entlassung als Trainer des FC Basel vermeldet. Fake-News, Koller sitzt fest im Sattel, wobei das im Fußball relativ ist. Jedenfalls ist beim FC Basel Marco Streller als Sportdirektor Geschichte, das entspricht der Wahrheit. "Mir geht es gut, ich bin bei Basel", sagt Koller dem STANDARD. Über Intrigen im Verein will er partout nicht sprechen. "Das wäre für Österreich nicht sehr interessant, außerdem ist es vorbei, überstanden." Seit genau einem Jahr ist er im Amt (Vertrag bis 2020), der Rückstand auf Meister Young Boys Bern, den neuen Platzhirsch im Land ("Sie haben mehr Möglichkeiten"), konnte verringert werden. Den Cup hat Basel gewonnen.

Ist man 58 Jahre alt, ist der Hang zur Nostalgie absolut zulässig, nahezu verpflichtend. Sechs Jahre lang, von November 2011 bis Oktober 2017, ist Koller österreichischer Teamchef gewesen. Seine Bilanz war extrem positiv: 54 Spiel, 25 Siege, 13 Remis, 16 Niederlagen. Die ÖFB-Auswahl konnte sich in seiner Ära erstmals für eine EM qualifizieren, die Endrunde 2016 in Frankreich war allerdings ein ziemliches Desaster. Aber darüber muss man 2019 wirklich nicht mehr ausführlich sprechen. Die Zeit, das ist eine ihrer vorzüglichen Eigenschaften, heilt Wunden, nicht einmal Narben sind bei Koller zurückgebeliebe. "Es war einfach wunderschön, eine fantastische Erfahrung."

Freundschaft

In stillen Momenten vermisse er das wunderbare Wien, die Menschen, das Raunzen, "den Hang zur Leichtigkeit. Diesbezüglich könnten wir Schweizer noch etwas zulegen." Thomas Janeschitz, seinen Assistenten beim Nationalteam, hat er mitgenommen, Janeschitz ist Co-Trainer in Basel. "Neben seinen fachlichen Qualitäten schätze ich seine menschlichen. Es ist eine Freundschaft."

Die Arbeit bei einem Verein sei natürlich stressig. "Du hast keine Auszeit, musst ständig bereit sein. Durchschnaufen ist praktisch unmöglich." Er liebe aber die tägliche Arbeit auf dem Platz. "Du kannst mehr gestalten, Dinge aufbauen und entwickeln."

Die Teamkicker hatte er maximal zehn Tage am Stück zu Verfügung. "Dann hast du sie zwei oder drei Monate nicht gesehen." Koller hat sämtliche Länderspiele Österreichs unter Nachfolger Franco Foda im Fernsehen gesehen. Zu Heimmatches hätte ihn der Fußballbund auch eingeladen, er musste mit Bedauern absagen. "Keine Zeit, der Vereinsfußball lässt private Ausflüge nicht zu." Ein Urteil über die Leistungen der Österreicher werde er sicher nicht abgeben. "Das kann man von mir wirklich nicht verlangen."

Erinnerung mit Schaudern

Nun steht ein verpflichtender Arbeitsbesuch an. Basel trifft in der dritten Runde der Qualifikation zur Champions League auf den LASK. Das Hinspiel findet am Mittwoch im St. Jakob-Park statt (20, ORF 1), das Rückspiel am 13. August in Linz. "Ein spezielles, emotionales Match für mich, eine Reise in die Vergangenheit."

Koller weiß, dass das Stadion "Gugl" heißt. Und er erinnert sich mit Schaudern daran. 14. November 2012, Testspiel gegen die Elfenbeinküste, Österreich verliert 0:3. Die Stimmung in Linz war schon vor Anpfiff ein Witz, nicht einmal beim Radetzkymarsch haben sie geklatscht. "Wenn sie wollen, ja, es war vielleicht mein schlechtestes Länderspiel."

Den LASK bezeichnet er als "sehr gute Mannschaft". Er werde sich mit dem Gegner beschäftigen, ihn genau studieren, analysieren. Basel schaltete PSV Eindhoven aus, auf ein 2:3 in den Niederlanden folgte vor 30.000 Zuschauern ein 2:1-Heimsieg. Koller hatte gepokert, in der Liga sieben Stammspieler geschont. Er wurde für diese Maßnahme medial abgewatscht (1:2 gegen St. Gallen), nach dem Aufstieg wurden die Tachteln durch Lobeshymnen ersetzt. "Ich kenne das Geschäft." Er würde nie behaupten, dass Basel der Favorit sei. "Wenn das Journalisten so sehen, ist das ihre Sache. Das kann ich nicht beeinflussen." In der Liga wurde am Samstag Thun auswärts 3:2 geschlagen.

Rückruf

In Linz wird er den einen oder anderen Bekannten wiedersehen. Ein kurzes "Hallo, wie geht's", mehr Tiefe lässt der Klubfußball nicht zu. Mit (Ex-)Teamspielern pflegt er nach wie vor losen Kontakt, Marc Janko hat ihm das Karriereende mitgeteilt. Dass Marko Arnautovic von der englischen Premier League nach Schanghai gewechselt ist, verwundert Koller nicht wirklich. "Die Qualität des chinesischen Fußballs war sicher nicht das Argument." Wege, sagt Koller, trennen sich. Willi Ruttensteiner, der ehemalige ÖFB-Sportdirektor, schupft nun den israelischen Verband. "Gut, dass Sie mich erinnern. Ich hätte ihn schon längst zurückrufen sollen." (Christian Hackl, 5.8.2019)