Wenn die Grundelemente eines Spiels fast vier Jahrzehnte nichts an Aktualität einbüßen, ist das etwas Besonderes: 1980 erschien das Rollenspiel Rogue, und seine Gameplay-Ideen waren so einflussreich, dass es quasi gleich sein eigenes Genre mitbegründete: "Rogue-likes", also "Spiele wie Rogue" führen seitdem die unzerstörbaren Tugenden des Originals fort – bis heute. "Klassische" Rogue-likes bleiben ihrem Urahn dabei besonders treu: Neue Spiele wie Dwarf Fortress, Caves of Qud oder Cogmind setzen nach wie vor auf rundenbasiertes Gameplay und die traditionelle ASCII-Ästhetik.
Anders die bei einem breiteren Publikum populären "Rogue-lites": Die übernehmen zentrale Elemente von Rogue, mixen sie aber mit ganz anderen Spielgenres. Das Erbe von Rogue in dessen DNA zeigt sich zum einen in der Strenge des Permadeaths, das heißt, dass der Tod einen mehr oder weniger an den Anfang des Spiels zurückwirft. Das macht wenig, denn die Welt, in die man dann entlassen wird, ist jedes Mal neu zufallsgeneriert – so kommt keine Langeweile auf. Die dritte Besonderheit ist die große Auswahl an Gegenständen, Fähigkeiten oder anderen Modifikatoren, die theoretisch jedes einzelne Mal einen zum Teil drastisch anderen Spielstil ermöglicht.
Wer die Nische bisher noch nicht kannte, darf sich mit den folgenden zehn zeitlos guten Evergreens und neuen Klassikern auf buchstäblich endlos wiederspielbare Spielspaßgiganten freuen.
Der Klassiker: "Spelunky" (PC, Xbox 360, PS3, PS Vita und Playstation 4)
2008 läutete Derek Yu mit der (immer noch kostenlos erhältlichen) Open-Source-Version seines zeitlosen Action-Plattformers die Renaissance der Rogue-likes als "Rogue-lites" ein. Als kleiner Indiana-Jones-Verschnitt durchquert man dabei antike Ruinen und gefährliche Dschungel – immer neu zufallsgeneriert. Die kommerzielle Version von 2012 ist ein absoluter Spieleklassiker und eines der einflussreichsten Spiele aller Zeiten. In Kürze soll ein Nachfolger erscheinen.
Bizarr, blasphemisch, gut: "The Binding of Isaac" (Windows, Mac, Linux, PS4, PS Vita, Wii U, 3DS, Xbox One, iOS und Switch)
2011 veröffentlichte der US-Indie-Entwickler Ed McMillen seinen Twinstick-Shooter, der seine endlos motivierende Rogue-like-Grundstruktur mit niedlich-ekliger Cartoon-Grafik, einer bizarr-blasphemischen Story und hohem Suchtfaktor verband. Wegen seiner provokanten Thematik scheute Nintendo vor der Veröffentlichung des Originals zurück – das 2014 veröffentlichte Remake mit dem Titelzusatz Rebirth durfte dann auch auf Wii U und New 3DS erscheinen. Immer noch – auch dank diverser DLCs – ein zeitlos großartiges Spiel, das den unverschämten Neupreis für Switch durch ein ungeschlagenes Preis-Leistungs-Verhältnis mit links einspielt.
Endlose Weltraumsaga: "FTL – Faster Than Light" (Windows, Mac, Linux, PS4, PS Vita, iOS, und Xbox One)
Dass sich die Rogue-like-Grundelemente auch auf andere Genres als nur Plattformer anwenden lassen, bewies Subset Games 2012 mit seiner Weltraum-Odyssee FTL: Faster Than Light. In einem der allerersten per Kickstarter finanzierten Spiele durchstreift man eine jedes Mal neu generierte Galaxis und kämpft in taktischen Echtzeitschlachten gegen böse Aliens und andere Widersacher. Unterschiedliche, freispielbare Schiffstypen, eine Vielzahl an Zufallsbegegnungen, fast endlose taktische Möglichkeiten und viele Überraschungen machen das Spiel zum absolut zeitlosen modernen Klassiker – bei weitem nicht nur für Rogue-like-Freunde.
Hardcore-Rollenspiel: "Darkest Dungeon" (Windows, Mac, Linux, PS4, PS Vita, iOS, Switch und Xbox One)
2016 erschien eines der originellsten Rollenspiele der jüngeren Vergangenheit: In Darkest Dungeon gilt es nicht nur, ein jedes Mal neu generiertes System an Kellern und Kerkern mit einer Gruppe von Helden zu erforschen, sondern auch die psychische Gesundheit derselben im Auge zu behalten – der Stress des Abenteurerlebens setzt den armen Rittern, Zauberern und sonstigen Gestalten mehr zu als so mancher Kampf. Großartiges Design, überzeugende Atmosphäre, interessantes taktisches Gameplay und vor allem endlose Wiederspielbarkeit machen Darkest Dungeon samt DLC zur Herausforderung für Hardcore-Rollenspielfreunde.
Spione wie wir: "Invisible Inc" (Windows, Mac, Linux, PS4 und iOS)
Der Entwickler Klei Entertainment hat von Mark of the Ninja bis Don’t Starve ein Händchen für Indie-Perlen bewiesen, das ebenfalls 2016 veröffentlichte Spionage-Taktikspiel Invisible Inc vermählt das rundenbasierte Gameplay von XCOM und Co mit den Wiederspielbarkeitsgarantien der Rogue-like-Tradition. Bis der perfekte "Run" gespielt ist, bei dem beachtliches taktisches Geschick bei zunehmend haariger werdenden Einsätzen gefragt ist, vergehen viele spannende Stunden. Und dann versucht man es auf dem nächsthöheren Schwierigkeitsgrad.
Kartenspielen ohne Ende: "Slay the Spire" (Windows, Mac, Linux, PS4 und Switch)
Taktischer Kartenspiel-Rollenspiele sind gerade höchst populär, auch dank dieses Spiels: In Slay the Spire kämpft man sich in zahllosen Versuchen an den Oberbösewicht heran und verwendet dabei an taktischen Sammelkarten, was man so jeweils per Run bekommt. Seit 2017 im Early Access, hat sich die originelle Mischung bis zum Release Anfang dieses Jahres zum veritablen Geheimtipp entwickelt: 1,5 Millionen begeisterte Spieler und Spielerinnen sind der Beweis.
Taktikschach mit Aliens: "Into the Breach" (Windows, Mac, Linux, Xbox One und Switch)
Und auch das zweite Spiel der FTL-Macher verdient einen Platz in dieser Liste: Into the Breach, 2018 erschienen, verknüpft knifflige Taktik ganz ohne Würfelglück mit den für Rogue-likes typischen, sich endlos erneuernden Welten, Upgrades und Herausforderungen. In den Schlachten riesiger Roboter gegen Insekten-Monster ergibt sich durch eine Vielzahl möglicher Einheiten und Upgrades aus trügerisch simplen Möglichkeiten eine beinahe an Schach heranreichende Komplexität. Ein Instant-Klassiker und eines der besten taktischen Strategiespiele aller Zeiten.
Metroidvania trifft Rogue: "Dead Cells" (Windows, Mac, Linux, PS4, Xbox One und Switch)
Wenn ein Spiel seine altbekannten Elemente so perfektioniert und gekonnt aufeinander abstimmt wie das 2018 erschienene Dead Cells, verschmerzt man es, ohne mit einer Wimper zu zucken, dass es eigentlich an Originalität fehlt. Das knallbunte, sich bemerkenswert flüssig spielende "Metroidvania-like" Dead Cells hat sein Gameplay und seine Ästhetik von Plattform-Actionspielen wie – eben – Castlevania geklaut und seine umwerfend motivierende Struktur von erfolgreichen Rogue-lites wie Spelunky und Co übernommen. Das stört allerdings niemanden, denn so viel Spaß hatte man mit dieser Mischung schon lange nicht. Ein essenzieller Plattformer, der dank Rogue-like-Elementen nicht so schnell langweilig wird.
First-Person-Spaß: "Risk of Rain 2" (Windows, Early Access)
Der 2013 erschienene Teil eins war ein sidescrollendes Multiplayer-Shooter-Rogue-lite der fast ersten Stunde, Teil zwei wagt den Schritt in die dritte Dimension und verlegt das bewährte Gameplay ins Genre des Third-Person-Shooters. Dass das Spiel noch im Early Access ist, tut seinem Erfolg keinen Abbruch: Über eine Million seit März 2019 verkaufte Einheiten belegen den Erfolg der Genremischung – und weil Rogue-likes ohnedies vom wiederholten Spielen leben, passt auch das Early-Access-Modell besonders gut dazu. Ein knallbunter Spaß mit Langzeitmotivationsgarantie.
Göttlicher Neuling: "Hades" (Windows, Early Access)
Seit Ende 2018 darf man auch in das neue Spiel der Bastion-Macher Supergiant Games hineinspielen, und das verspricht, ein neuer Klassiker im Genre der Rogue-lites zu werden: Als Sohn des griechischen Unterweltgottes Hades kämpft man sich tausend Tode lang wieder und wieder Richtung Oberwelt. Großartiger Grafikstil, sympathische Figuren, trockener Humor und bekannt außergewöhnlicher Sound fesseln gemeinsam mit den bewährten Rogue-like-Elementen an diese griechische Tragödie. Ein würdiges aktuelles Rogue-lite – und schon jetzt, im vorbildlich betreuten Early Access, ein endlos motivierender isometrischer Action-Spaß.
Welche Rogue-lites und Rogue-likes spielen Sie immer wieder? Lassen Sie uns an Ihren größten Erfolgen in Ihren epischsten Runs in den Kommentaren teilhaben. (Rainer Sigl, 10.8.2019)