Japans Premier versucht seit geraumer Zeit die dezidiert pazifistische Haltung des Staates aufzuweichen.

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Hiroshima – Mit Blick auf das Ende des Abrüstungsabkommens INF zwischen den USA und Russland hat der Bürgermeister von Hiroshima zur atomaren Abrüstung in der Welt aufgerufen. Bei einer Gedenkzeremonie zum 74. Jahrestag des Abwurfs einer US-Atombombe auf die japanische Stadt rief Bürgermeister Kazumi Matsui sein Land am Dienstag auf, dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag von 2017 beizutreten.

Im Gegensatz zum Nichtweiterverbreitungsvertrag, der den offiziellen Atommächten den Besitz von Atomwaffen einräumt, will der Verbotsvertrag diese aufgrund ihrer Gefahren für die Menschheit generell verbieten. Bis April 2019 haben 70 Staaten den Vertrag unterzeichnet, 23, darunter Österreich, haben ihn bereits ratifiziert. 90 Tage nach der 50. Ratifizierung wird der Vertrag in Kraft treten.

Da das Abkommen allerdings von den Atommächten boykottiert wird, hat es lediglich symbolischen Charakter. Keines der neun Länder im Besitz von Atomwaffen – die USA, Russland, Großbritannien, China, Frankreich, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel – hatten an den Verhandlungen teilgenommen.

Abe schweigt zum Sperrvertrag

Japans rechtskonservativer Ministerpräsident Shinzo Abe ging in seiner Rede am Gedenktag auf den Vertrag nicht ein. Japan, das sich vom Atomwaffen- und Raketenprogramm Nordkoreas bedroht fühlt, steht unter dem atomaren Schutzschild seines heutigen Sicherheitspartners USA.

Um 8.15 Uhr Ortszeit, dem Zeitpunkt, als der US-Bomber Enola Gay die erste im Krieg eingesetzte Atombombe mit dem Namen "Little Boy" über Hiroshima abgeworfen hatte, legten die Menschen am Dienstag eine Schweigeminute ein. Zehntausende Bewohner waren damals sofort tot, insgesamt starben bis Ende 1945 schätzungsweise 140.000 Menschen.

Drei Tage nach Hiroshima warfen die Amerikaner eine zweite Atombombe über Nagasaki ab. Kurz danach kapitulierte das japanische Kaiserreich. Hiroshima ist heute ein weltweites Symbol für den Krieg, aber auch für den Frieden. Die Gedenkzeremonie erfolgte unter dem Eindruck der jüngsten Raketentests Nordkoreas sowie des kürzlichen Ausstiegs der USA aus dem INF-Vertrag. Washington begründete dies damit, dass Russland mit seinen Waffen seit Jahren gegen das Abkommen verstoße. Moskau warf den USA dagegen vor, mit dem einseitigen Ausstieg aus dem Abrüstungsvertrag die weltweite Sicherheitsstruktur zu unterhöhlen. Generell wird nun ein erneutes Wettrüsten erwartet.

Bierlein und Schallenberg fordern Abschaffung von Atomwaffen

Auch Österreichs Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und Außenminister Alexander Schallenberg haben sich am Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima für eine Abschaffung von Nuklearwaffen ausgesprochen.

"Hiroshima und Nagasaki erinnern uns an die Unmenschlichkeit von Nuklearwaffen. Das Gedenken an die Opfer mahnt uns eindringlich, dass wir uns weiterhin aktiv für eine Welt ohne Nuklearwaffen einsetzen müssen", erklärte Bierlein in einer Aussendung. "Diese Waffen gehören ein für alle Mal abgeschafft", so die Bundeskanzlerin und der Außenminister unisono. Schallenberg ergänzte: "Gerade in diesen Zeiten wieder wachsender Spannungen zwischen den Großmächten müssen wir die nukleare Abrüstung konsequent vorantreiben."

Die Umsetzung von Artikel VI des Atomwaffensperrvertrags (NPT) aus dem Jahr 1970, in dem sich die Atommächte zur nuklearen Abrüstung verpflichtet haben, sei "längst überfällig", betonte Schallenberg. Er erinnerte diesbezüglich an den Nuklearwaffenverbotsvertrag, der von Österreich maßgeblich mitinitiiert wurde. (APA, red, 6.8.2019)