Wiederkehr will ein Gefängnis bauen lassen.

Foto: Neos Wien / Lukas Hagelmüller

Wien – Die Bundeshauptstadt brauche dringend ein neues Gefängnis, sagte der Wiener Neos-Chef Christoph Wiederkehr am Dienstag bei einer Pressekonferenz und klagte über einen "Justiznotstand". Damit knüpfen die Stadtpinken an die aktuelle Diskussion um den Zustand der Justiz an. Für 990 Insassen gebaut, sei die größte Justizanstalt des Landes, jene in Wien-Josefstadt, "dauerhaft" überbelegt – mit bis zu 1200 Häftlingen. Zellen für fünf Menschen seien teilweise mit bis zu zehn Personen besetzt, sagt Wiederkehr. Mit dem Neubau solle die Josefstadt entlastet werden. "Das Justizsystem stößt an seine Grenzen, das sieht man besonders in Wien", sagte er.

Zudem entspreche die Justizanstalt im achten Bezirk nicht mehr "dem neuesten Stand". Konkrete Überlegungen bezüglich des geforderten Neubaus gebe es noch nicht, erst müsse in Wien eine Einigung für das Gefängnis erreicht werden. Dann könne man sich Gedanken über Standort und Co machen. Klar sei, dass es "nicht von heute auf morgen" entstehen könne. Wiederkehr stellt sich einen Zeitrahmen von fünf Jahren vor.

Die Forderung nach einer neuen Haftanstalt ist nicht neu. Und die Neos sind damit keineswegs allein. Die Gewerkschaft für Justizwachbeamte setzt sich bereits seit geraumer Zeit für einen Neubau ein. "Es ist einfach notwendig, die Politik muss das erkennen", sagt der Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft Albin Simma im Gespräch mit dem STANDARD. Die Anstalt sei nicht mehr zeitgemäß und mit ihrer Struktur nicht mehr administrierbar. "Auch weil unsere Wege so unendlich lange sind", beklagt Simma. Bekomme ein Insasse etwa Besuch – und das passiert bei 1200 Insassen jeden Tag -, würde es in der Josefstadt rund 20 Minuten dauern, bis er im Besucherraum angekommen ist. Aus vollzugstechnischer Sicht plädiert Simma für eine Maximalbelegung von rund 500 Personen. Für einen Neubau hatte sich im Herbst Volksanwältin Gertrude Brinek ausgesprochen. "Ein Neubau wäre wirklich eine Option", zitierte die Wiener Zeitung sie.

Personalmangel vor Gericht

Die Justizanstalt Josefstadt sei aber auch deshalb so überfüllt, weil die Verfahren am Landesgericht so lange dauern, weshalb die Neos zusätzliches Personal fordern. Kritik gab es auch an der rot-grünen Stadtregierung. Auch am Verwaltungsgericht Wien, für das das Land selbst zuständig ist, habe sich der Personalstand seit 2014 um ein Drittel reduziert. Daher habe 2018 die durchschnittliche Verfahrensdauer bei 249 Tagen gelegen. Das Büro des zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ) wies die Kritik zurück: "Seit 2014 ist die finanzielle Dotierung für das Personal des Verwaltungsgerichts stetig gestiegen." Im Herbst wurde ein Personalpaket zugesagt. (Oona Kroisleitner, 7.8.2019)