Lal Chowk, der größte Markt Srinagars, war am Dienstag menschenleer.

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Am Tag, nachdem Kaschmir der Sonderstatus entzogen worden war, war die nordindische Provinz abgeriegelt. Die indischen Behörden haben den Touristen, die sonst um diese Jahreszeit die Sommerhauptstadt Srinagar bevölkern, mitgeteilt, dass sie die Region umgehend zu verlassen hätten. Auf den Straßen patrouillierten zehntausende Soldaten. Damit droht sich der Konflikt zwischen den beiden Atommächten zu verschärfen.

Der Großteil des Telefonnetzes und die Internetverbindungen wurden abgeschaltet, weshalb es derzeit kaum aktuelle Berichte gibt. Laut BBC-Korrespondent Aamir Peerzada, dem es gelang, über eines der wenigen funktionierenden Festnetztelefone eine Meldung abzusetzen, hält sich der Großteil der Bevölkerung an die am Montag verhängte Ausgangssperre. Nur vereinzelt sei es trotz Versammlungsverbots zu Protesten und Steinwürfen gekommen.

Am Sonntag verabschiedete sich BBC-Korrespondent Aamir Peerzada von seinen Twitter-Followern.

Pakistans Ministerpräsident Imran Khan warnte am Dienstag vor gefährlichen Konsequenzen der Entscheidung Indiens. Bei einer eigens einberufenen Sitzung des Parlaments sagte der ehemalige Cricketstar, Indiens Vorgehen könne Gewalt in der Region auslösen, die zu Zusammenstößen zwischen Nuklearmächten führen könnte. "Die Konsequenzen wären unvorstellbar."

Das pakistanische Militär erklärte am Dienstag, es unterstütze die Ablehnung der indischen Aktionen durch die Regierung in Islamabad. "Wir sind bereit und werden alles tun, um unsere diesbezüglichen Verpflichtungen zu erfüllen." Allerdings führte er seine Kommentare nicht weiter aus.

So sieht der Platz normalerweise aus (Archivbild, September 2016).
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Bitte an internationale Gemeinschaft

Khan rief die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen auf, um eine "Katastrophe zu verhindern". Die Regierung in Islamabad erwägt, vor den Internationalen Gerichtshof zu gehen. Armeechef Qamar Bajwa sagte, die Armee stehe den Kaschmiris in ihrem "gerechten Kampf" bis zum Ende fest zur Seite. "Wir sind bereit und werden alles tun, um unsere diesbezüglichen Verpflichtungen zu erfüllen."

Indien hat hunderttausende Soldaten in die Region geschickt, die die Bewegungsfreiheit der Bewohner einschränken. Es gilt ein Versammlungsverbot. Sicherheitskräfte nahmen drei Politiker aus Kaschmir fest. Der örtliche Polizeichef bezeichnete die Lage am Dienstag als "total friedlich", wie eine indische Nachrichtenagentur berichtete.

Paramilitärische Einheiten beziehen Stellung.
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Worum geht es im Konflikt

Der Konflikt im Himalaja-Gebiet dauert bereits mehr als 70 Jahre. Seitdem Britisch-Indien im Jahr 1947 unabhängig und in Indien und Pakistan geteilt wurde, streiten die beiden Länder um die gesamte Herrschaft über Kaschmir, zwei Kriege wurden deswegen bereits geführt. Beide Atommächte beherrschen jeweils einen Teil von Kaschmir, ein weiterer Teil gehört zu China. Peking rief Indien am Dienstag auf, sich an relevante bilaterale Abkommen zu halten, wie das chinesische Außenministerium mitteilte.

Der per Dekret gestrichene Artikel 370 der indischen Verfassung garantierte dem indischen Teil Kaschmirs bisher unter anderem eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und weitgehende Kompetenzen mit Ausnahme der Außen- und Verteidigungspolitik sowie der Telekommunikation. Nicht-Kaschmirern war es bisher verboten, permanent in der Region zu leben, Land zu kaufen oder für die Verwaltung zu arbeiten. Indiens Innenminister Amit Shah kündigte an, der Staat Jammu und Kaschmir werde nun umorganisiert. Das Gebiet solle gespalten und der unmittelbaren Kontrolle Neu-Delhis unterstellt werden. (red, APA, 6.8.2019)