Die FPÖ plant für September eine Abstimmung im Nationalrat über das "Recht auf Bargeld" in der Verfassung.

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Österreich ist das Land des Bargelds. Mit Italien, Spanien und Japan zählt Österreich zu jenen Ländern, in denen besonders oft und gern mit Bargeld bezahlt wird – entgegen dem internationalen Trend.

Damit das auch so bleibt, kündigte die ÖVP am Dienstag an, das Recht auf Bargeld in der Verfassung verankern zu wollen. Für viele sei das Recht auf Bargeld "eine Grundbedingung für ein selbstbestimmtes Leben", erklärte ÖVP-Chef Sebastian Kurz.

Der freiheitliche Parteichef Norbert Hofer will nach dem ÖVP-Vorstoß einen Antrag im Nationalrat im September einbringen, um die ÖVP noch vor der Wahl zu "testen". Die FPÖ erinnerte daran, dass ihr Antrag im Verfassungsausschuss des Nationalrats für ein garantiertes Recht auf Barzahlung noch im Juli von der ÖVP abgelehnt wurde.

In der Zwischenzeit will auch die SPÖ das Thema für sich beanspruchen. Der rote Konsumentensprecher Markus Vogl sieht einen kostenfreien Zugang zu Bargeld, ohne Gebühren bei Bankomaten, als "das Wichtigste" beim Bargeld. "Für ÖVP-Chef Kurz war das bislang kein Thema", beklagte Vogl.

Beispiel Schweden

Ein Blick nach Schweden lässt erahnen, warum gerade im Wahlkampf über Bargeld diskutiert wird. Das skandinavische Land will Bargeld bis 2030 komplett abschaffen. Schon jetzt haben vier von zehn Schweden seit mindestens einem Monat kein einziges Mal mit Scheinen oder Münzen gezahlt. Auch Verkäufer von Straßenzeitungen besitzen mittlerweile Kartenlesegeräte, und für öffentliche Toiletten kann per Handy bezahlt werden. 4.000 Schweden haben sich Chips in die Hand implantieren lassen, um ihre Geschäfte bargeldlos zu erledigen.

Doch auch dort rührt sich Protest gegen diesen Trend: Besonders ältere Menschen, aber auch Menschen mit Behinderungen oder Migranten tun sich mit dem digitalen Zahlungsverkehr schwer. In Österreich sind die über 60-Jährigen eine der wichtigsten Wählergruppen. Ihnen gilt es also jetzt die Sicherheit für ihr Marmeladenglas unter dem Kopfpolster zu garantieren.

Rechte und Pflichten

Im STANDARD-Gespräch gibt der Verfassungsjurist Heinz Mayer zu bedenken, dass jedes neue Recht auch Pflichten mit sich bringe. Er vermisst daher klare Ansagen, wie ein solches Gesetz im Detail auszusehen hätte. Würden private Verkäufer verpflichtet werden, trotz höherer Kosten Bargeld anzunehmen, und gelte eine derartige Verpflichtung auch für den Staat? So könnte das Recht entstehen, auch seine Steuern plötzlich in Münzen beim Finanzamt abzugeben.

Sollte sich Österreich an den internationalen Trend anpassen, gehen auch hierzulande die Barzahlungen bald massiv zurück. In der jetzigen Form wertet Mayer den Vorschlag als "rückwärtsgewandt" und verfassungsrechtlich "unsinnig". Käme ein solches Gesetz in Österreich zustande, würde sich der internationale Markt mit Sicherheit nicht daran orientieren, sondern weiter auf Digitalisierung setzen, sagt Mayer.

Eine führende Bargeldnation zu sein birgt auch Risiken: Erst letzte Woche ist der Schwede Olaf S. in Wien zu 12,5 Jahren Haft verurteilt worden. Er beging die größte Raubserie der österreichischen Kriminalgeschichte. Für seine Überfälle reiste er extra an, weil er aus einer Zeitung erfahren hatte, Österreich sei ein "Paradies für Bankräuber". Viele schwedische Bankfilialen geben nämlich gar kein Bargeld mehr aus. (Laurin Lorenz, 8.8.2019)