Vor der Begrüßung durch den Arzt oder die Ärztin schon die Kleider ablegen – ist das noch zeitgemäß?

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Es dürfte eine Sache des Zeitmanagements sein. In vielen Röntgeninstituten zum Beispiel werden Patienten und Patientinnen gebeten, sich in kleinen vorgelagerten Kabinen auszuziehen – und dann dort nackt zu warten, bis der Arzt oder die Ärztin einen ins Behandlungszimmer ruft.

Und so kann es sein, dass man splitternackt vor einen Mediziner oder einen Assistenten tritt, der einem vollkommen unbekannt ist. Vielleicht ist diese Situation für Männer easy, und vielleicht auch für Frauen, wenn das Gegenüber eine Ärztin ist. Jedenfalls gibt es im Alltag wenige vergleichbare Situationen – außer am FKK-Strand, aber dort sind dann doch wenigstens alle nackt.

Was eine gelungene Arzt-Patient-Beziehung ausmacht

Die entscheidende Frage: Entspricht dieses ungleiche Aufeinandertreffen im 21. Jahrhundert noch dem, was als eine gelungene Arzt-Patient-Beziehung zu bezeichnen ist? Und wie ist diese Situation aus einer feministischen Perspektive zu betrachten – im Sinne von Geschlechtergleichheit?

Auf der anderen Seite: Ist in einem Gesundheitssystem, in dem Zeit das kostbarste Gut ist, dieses Vorabausziehen unumgänglich, weil es vielleicht Menschen gibt, bei denen das sehr lange dauert? Oder ist das alles nur eine blöde Befindlichkeitsdebatte, weil Mediziner leider nicht dafür bezahlt werden, sich um die Psyche der Patienten und Patientinnen zu kümmern, sondern lediglich um die korrekte Beurteilung ihrer Körperteile? Ist eine normale, bekleidete Begrüßung vor einer Untersuchung zu viel verlangt? (red, 16.8.2019)