Frauen kaufen mehr Bücher als Männer und geben mehr Geld dafür aus, dennoch herrscht im Literaturbetrieb ein Ungleichgewicht zu ihrem Nachteil. Bücher von Frauen werden von Feuilletons zum Beispiel weniger oft oder weniger prominent besprochen als jene von Männern. Autorinnen verdienen meist weniger, weil sie häufig als Genreliteratur bloß in Form von Taschenbüchern erscheinen. Manche Autorinnen berichten von Anspielungen bis hin zu sexuellen Belästigungen etwa vonseiten von Verlegern. Häufig spielen auch optische Merkmale eine viel größere Rolle in der Wahrnehmung von Autorinnen als von Autoren.

Eine Rezension von Sally Rooneys "Gespräche mit Freunden" im Schweizer "Tages-Anzeiger" lässt deshalb jetzt im Internet die Wogen hochgehen. Der Autor nähert sich dem Roman unter anderem über ein Foto der 28-jährigen und bereits mehrfach ausgezeichneten Autorin im Magazin "New Yorker" – sie erscheint ihm darauf "wie ein aufgeschrecktes Reh mit sinnlichen Lippen".

Unter dem Hashtag #dichterdran besprechen seither Frauen auf Twitter männliche Autoren so, wie sonst oft über Autorinnen gesprochen wird: mit leicht chauvinistischen Zwischentönen. Dabei geht es etwa um die Selbstinszenierung von Autoren auf Autorenfotos.

Auch der erste Eindruck ist ein beliebtes Thema der Tweets zu Geschlechterklischees.

Die Reaktionen thematisieren auch die Ungleichbehandlung von Autorinnen und Autoren in der Leseerziehung. Die Germanistin Veronika Schuchter von der Uni Innsbruck hat 2018 die Literaturberichterstattung eines Jahres in zwölf Zeitungen analysiert und eine Schräglage festgestellt. An Sexismus glaubte sie damals im Gespräch mit dem STANDARD aber nicht, Benachteiligungen von Frauen würden unbewusst passieren – denn nach wie vor würden Frauen als Leserinnen von männlichen Autoren sozialisiert, wohingegen Männer schon als Buben seltener Bücher von Frauen lesen.

Berühmte Paare bieten unter #dichterdran ebenso Stoff für satirische Statements. Wie funktioniert zum Beispiel die Rollenaufteilung?

Auch aus der heimischen Literaturszene finden sich dafür Beispiele.

Hier eine einem Autor wohl noch selten gestellte Frage, mit der Autorinnen öfter konfrontiert werden.

Gestartet wurde die Aktion von der Journalistin und Literaturwissenschafterin Nadia Brügger, der Journalistin und Romanautorin Simone Meier sowie der Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Kolumnistin Güzin Kar. Brügger bat darin, beim nächsten mal selbst die Rezension schreiben zu dürfen, "ohne die Autorin unnötig zu sexualisieren und ihre Leistung großväterlich zu schmälern". Es ist den Initiatorinnen wichtig, damit den Blick auf hinter konkreten Aussagen stehende Mechanismen und Strukturen zu lenken.

(red, 8.8.2019)