Rollstuhlgerechte Wohnungen sind ein Streitpunkt zwischen Schwarz und Grün in Salzburg geworden.

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Der Vorstoß der Salzburger ÖVP Anfang August kam überraschend. Ohne lange koalitionsinterne Abstimmung präsentierte Landesrat Josef Schwaiger bei einem kurzfristig einberufenen Mediengespräch einen Maßnahmenkatalog für den geförderten Wohnbau. Mit diesem solle Bauen und Wohnen im Land Salzburg "leistbar" werden. Seine Neos-Regierungskollegin Andrea Klambauer war dabei, der dritte im landeskoalitionären Bunde, die Grünen, waren nicht informiert.

Und das wohl aus gutem Grund. Im vorgelegten Papier fanden sich nämlich nicht nur Punkte wie die Reduzierung vorgeschriebener Mindeststandards für Keller, Waschküche, Kinderspielplatz oder Ähnliches, sondern auch die Formulierung "Wohnungen werden so errichtet, dass sie für die Barrierefreiheit nachrüstbar sind". Im Klartext: Die Barrierefreiheit als Vorschrift im geförderten Wohnbau soll fallen.

"Nicht für Pensionisten bauen"

Das aber ist für die Grünen nicht akzeptabel. Und schon war das Sommergewitter in der Landeskoalition fertig. "Dass ausgerechnet die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen an den hohen Wohnpreisen schuld sein sollen, ist blanker Hohn," empörte sich die Klubobfrau der Grünen im Landtag, Kimbie Humer-Vogl.

Die Grünen präsentierten auch entsprechende Studien, denen zufolge das Thema Barrierefreiheit bestenfalls 1,26 Prozent der Gesamtbaukosten ausmache. Fazit Hummer-Vogl: Mit den Grünen werde es "keine Einschränkung der Barrierefreiheit geben".

Vonseiten der ÖVP kam die Antwort postwendend via "Salzburger Nachrichten" retour. Er verbitte sich die Einmischung der Grünen, ließ Landesrat Schwaiger ausrichten. Man solle den "Hausverstand" benützen, und außerdem baue man die Wohnungen "nicht für Pensionisten".

Wenig Spielraum für die Grünen

Dass nach einem klärenden Gespräch der beiden Chefs – Landeshauptmann Wilfried Haslauer für die ÖVP und Landeshauptmannstellvertreter Heinrich Schellhorn für die Grünen – das Sommergewitter wieder abziehen und die gewohnte Koalitionsharmonie wieder einziehen wird, davon darf man getrost ausgehen. Die Irritationen aufseiten der Grünen werden aber bleiben. Der Neun-Prozent-Partei wurde wieder einmal deutlich vorgeführt, wie schnell sie von der ÖVP politisch an die Wand gespielt werden kann.

Druck des eigenen Klientels

Es ist inzwischen aber vor allem das Murren potenzieller Wähler und Wählerinnen, das dem einen oder anderen Grün-Funktionär Sorgen bereiten dürfte. Während die meisten ihre Kritik noch eher vorsichtig formulieren, hat sich die Stimmung in der Salzburger Kulturszene längst gedreht. Der Dachverband Salzburger Kulturstätten ist hörbar enttäuscht über die "unvergleichlich defensive" Politik von Kulturressortchef Heinrich Schellhorn.

Der Vorwurf lautet, dass Landeshauptmann Haslauer – zuständig für Festspiele und Museen – Millionenbeträge für die Festspiele, eine Landesausstellung, ein geplantes Fotomuseum und einiges mehr fordere, obschon diese Millionenträume nicht im Kulturentwicklungsplan des Landes Salzburg aus dem Jahr 2018 stünden. Dieser lege den Schwerpunkt nämlich unter anderem auf die zeitgenössische freie Kulturszene, die mit rund 0,23 Prozent Anteil am Gesamtbudget des Landes (2017) für die geplante Umsetzung der Maßnahmen weit unterdotiert sei. (Thomas Neuhold, 8.8.2019)